Eine andere Religion

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Es gibt die einen Veganer, die sich gesund und eben rein pflanzlich ernähren wollen. Und die anderen, die militanten, die daraus eine Religion machen. Von Alexia Weiss

Ich bin eine ziemliche pragmatische Natur. Wenn ich mir das Etikett auf einem Lebensmittel durchlese, keine Inhaltsstoffe sehe, die ich nicht vertrage, dann ist das Produkt für mich okay. Ich esse vegan und bemühe mich auch zunehmend umweltverträgliche Putzmittel sowie Kosmetikprodukte aus natürlichen Stoffen zu kaufen. Das, was sich hier allerdings in Vegan-Foren abspielt, geht mir zu weit.

Warum? Vielfach geht es da nicht mehr um das Produkt x oder y an sich. Es geht auch darum, ob der Konzern, in dem zum Beispiel das rein pflanzliche Gesichtswasser oder die vegane Gesichtscreme erzeugt wird, andere Produktlinien im Programm hat, die tierische Inhaltsstoffe enthalten. Oder ob in diesem Konzern irgendwann einmal Kosmetika in Tierversuchen getestet worden sind, auch wenn das heute nicht mehr der Fall ist.

„Hier wird eine Ernährungsweise, ein Lebensstil zur Religion erhoben.“

Da werden Menschen an den Pranger gestellt, die sich zwar vegan ernähren, aber Lederschuhe tragen. Oder Taschen. Da wird tatsächlich diskutiert, wie man seine Katze oder seinen Hund korrekt vegan ernähren kann. Und da frage ich mich wiederum: Wie weit geht die Tierliebe, wenn ich Lebewesen, die Fleischfresser sind, den Fleischkonsum verweigere?

Bei manchen Diskussionen, wo es zum Beispiel darum geht, ob Pilze nun eigentlich Pflanzen oder doch eher etwas Tierähnliches oder irgendetwas dazwischen sind (Letzteres ist richtig, sie sind weder Pflanzen noch Tiere) und ob es nun daher in Ordnung ist, Pilze zu essen, spürt man dieses Dogmatische. Hier wird eine Ernährungsweise, ein Lebensstil zur Religion erhoben.

Und wenn man so manchem Veganer und seinen Abhandlungen folgt, warum was nicht konsumiert werden kann oder dass man eben nur in Geschäften kaufen kann, die vegane Produkte mit dem Vegan-Logo kennzeichnen, sodass man sich wirklich sicher sein kann, fühle ich mich irgendwie an den Hechscher und das Befolgen der Kaschrut erinnert. Was nun natürlich nicht als Kritik an jenen missverstanden werden soll, welche die koscheren Speisegebote einhalten. Sondern als Befremden gegenüber Menschen, die aus ihrem Essen nicht auf Grund von Allergien oder Unverträglichkeiten oder eben religiösen Speisegesetzen, sondern aus einer ganz merkwürdigen Ideologie heraus eine Wissenschaft machen.

Nun, wie ich aber eingangs geschrieben habe, esse ich ja selbst vegan. Und ich muss zugeben: Zu wissen, dass man nur Pflanzen zu sich nimmt, ist schon ein gutes Gefühl. Es schmeckt toll. Und man braucht sich keine Gedanken zu machen, ob das Joghurt, das man gerade isst, aus Milch gemacht wurde, die eine Kuh gegeben hat, die ein Antibiotikum bekam. Oder ob das Ei wirklich von einem Huhn aus Freilandhaltung kommt und womit dieses Huhn wohl gefüttert wurde und wie sich das auf die eigene Gesundheit auswirken könnte. Ich will mein gesundes Essen genießen. Aber keine Religion daraus machen. ◗

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