Bestens vernetzt – Eine Israelin in Wien

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Kaffeejausen am Sonntagnachmittag waren gestern. Hava Bugajer ist eine politisch interessierte, sozial engagierte Ärztin. Als Präsidentin von WIZO Österreich hat sie die Frauenorganisation ins 21. Jahrhundert begleitet. Von Alexia Weiss

Hava Bugajer führt ein offenes Haus

Jemand sucht nach passenden Räumlichkeiten, um einen interessanten Gast aus dem Ausland vor einem ausgewählten Publikum in intimem Rahmen vortragen zu lassen? Bugajer ist gerne behilflich und öffnet ihre Salons in einer Villa im Cottage.

Dass sie den Großteil ihres Lebens in Wien verbringen würde, hat die gebürtige Israelin nicht gedacht. Doch die Liebe hat sie anfang der Siebzigerjahre hierher geführt. Auch etwas, das sie zuvor für nicht möglich gehalten hätte: nicht einen Israeli zu heiraten. Nachdem sie bei einem kurzen Städtetrip nach Wien zufällig ihren späteren Mann, den Arzt Richard Bugajer, in einem Kaffehaus kennen gelernt hatte, spielte das aber keine Rolle mehr.

Bis heute schwingt Liebe in ihrer Stimme mit, wenn sie über ihn erzählt. Er war ein „Kind der Schoa“ sagt sie, ein Auschwitz-Überlebender, gesundheitlich immer etwas angeschlagen. 1998 ist er verstorben. Seine für den gemeinsamen Sohn notierten Memoiren wurden nach seinem Tod im Czernin Verlag herausgebracht. Stolz tourte seine Witwe mit dem Buch durch den deutschsprachigen Raum, die USA, Kanada. Mein Schattenleben ist sowohl auf Deutsch als auch in englischer und hebräischer Sprache erhältlich.

Ihrem Mann zuliebe sattelte die Ärztin auch von ihrem Fachgebiet, der Kinderheilkunde, auf Rehabilitation und physikalische Medizin um. Heute führt sie Helia, ein Ambulatorium für physikalische Medizin am Fleischmarkt, das Richard Bugajer ihr hinterlassen hat.

Liebe und Engagement

Doch das allein ist ihr zu wenig. Es war kurz nach dem Tod ihres Mannes, als sie der Bitte der WIZO-Vorsitzenden Rita Dauber nachkam, für eine Veranstaltung der Frauenorganisation ihre Türen zu öffnen. Und spürte, dass die WIZO viel mehr war als nur eine Fundraising-Organisation. Hier kreuzten sich ihre Liebe und ihr Engagement für Israel mit ihrem politischen Interesse und dem Bedürfnis, anderen zu helfen. Und sie wollte ihre Grundüberzeugung miteinbringen: dass Frauen Respekt verdienen. Bugajer ist überzeugt, dass man Fundraising nicht direkt angehen kann. Das funktioniert nicht.

So versuchte sie, die WIZO für moderne, selbstständige Frauen interessant zu machen. Durch Veranstaltungen mit namhaften Vortragenden, aber auch durch die Gründung von Young WIZO, wo junge Frauen ihre Interessen umsetzen können. „Man kann nicht mit dem Geldsammeln beginnen, man muss mit der politischen Arbeit anfangen. Und dann wird das Fundraising folgen.“ Junge Frauen will sie mit spannenden Inhalten ansprechen. „Vielleicht haben sie jetzt kein Geld, um unsere Projekte zu unterstützen. Aber wenn sie sich der WIZO verbunden fühlen und in 20 Jahren genug Geld haben, unterstützten sie uns vielleicht. Wir müssen geduldig sein. Es ist eben nicht nur eine Wohltätigkeitsorganisation. Hier geht es auch um Freundschaft und Zugehörigkeit.“

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Ausgebildete Frauen. Als Präsidentin von WIZO Österreich fährt Bugajer einmal im Jahr zur UNO nach New York, um dort den Beratungen der UN Commission on the Status of Women beizuwohnen. Bei den Sitzungen von UN-Kommissionen in Wien (Menschenrechte, Alter, Frauenangelegenheiten) bindet sie jüngere österreichische WIZO-Vertreterinnen mit ein. Sie ist überzeugt, gerade mit dieser politischen Arbeit junge, gut ausgebildete Frauen ansprechen zu können.

Doch auch dabei lässt Bugajer es noch nicht bewenden. Sie engagiert sich im Bereich Jewish Medical Ethics, initiiert Kongresse und Veranstaltungen zum Thema Gendermedizin, ist bei Scholars for Peace in the Middle East aktiv und ebenso bei Stop the bomb, wo sie sogar OMV-Aktien kaufte, um bei der Generalversammlung ein Rederecht zu erhalten. Wenn sie von solchen Auftritten erzählt, lacht ihr innerer Schelm in ihren Augen. Und man merkt: Sie ist auf jedem Parkett zu Hause, in Österreich und international.

Was sie nicht will ist: am Sessel kleben

Sollte sich in der WIZO Österreich abzeichnen, wer in der nächsten Generation übernehmen könnte, räumt sie gerne den Vorsitz. Heute sind ihre Mitstreiterinnen allerdings sehr froh, eine auch international so gut vernetzte Präsidentin an der Spitze zu haben – gerade in Zeiten, in denen auch die WIZO merkt, dass Spenden wesentlich schwieriger zu lukrieren sind als noch vor einigen Jahren. „Wer früher 1.000 Euro gab, gibt heute 500. Das ist nun einmal so, damit müssen wir leben.“

Zur Person

Hava Bugajer, geb. in Israel, nach der Schule Medizinstudium an der Universität Basel. 1971 Heirat nach Wien, hier Facharztausbildung zur Kinderärztin am AKH. Später Weiterbildung im Bereich Rehabilitation und physikalische Therapie. Seit 1998 leitet sie Helia, ein Institut für physikalische Medizin, das ihr Mann aufgebaut hat. Darüber hinaus aktiv im Bereich Gendermedizin, bei den Initiativen Scholars for Peace in the Middle East, Stop the bomb und Jewish Medical Ethics. Seit 2004 Präsidentin von WIZO Österreich. Bugajer ist verwitwet und Mutter eines erwachsenen Sohnes.

[box_info]WINA info

WIZO- Die Women’s International Zionist Organization wurde 1920 in London gegründet und ist eine überparteiliche, ehrenamtliche, zionistische Frauenbewegung, die von der UNO als NGO mit Konsultativstatus bei der ECOSOC (Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen) und der UNICEF (UN-Kinderhilfswerk) anerkannt wird. Die Ziele der WIZO sind: das Wohlergeben von Säuglingen, Kindern, Jugendlichen, Frauen und älteren Menschen, die Förderung der Stellung der Frau in Israel, die Vertiefung der Beziehungen zwischen Juden in der Diaspora und in Israel sowie die Unterstützung von Neueinwanderern bei der Integration in Israel. Umgesetzt wird all dies durch die Unterstützung von Kindertagesstätten in Israel, von Schulen und Jugenddörfern, dem Führen von WIZO-Zent-ren für Senioren, Seniorenheimen, einem Familientherapiezentrum, Beratungsstellen für Frauen, Frauenhäusern und Hotlines für Kinder, Jugendliche und Frauen. WIZO Österreich veranstaltet jedes Jahr eine Gala unter dem Motto „Sponsor a Child“, um Spenden zu sammeln.

wizo.org[/box_info]

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