Drohnen und Terroristen

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Israel hat zahlreiche Unternehmen, die sich auf Sicherheitstechnik spezialisiert haben. Einige aktuelle Beispiele.

      Von Reinhard Engel

Die Zeiten, als Drohnen dem Militär und der Polizei vorbehalten waren, sind vorbei. Zuerst nutzten das US-Militär und die israelische Armee die unbemannten Flugzeuge zur Aufklärung sowie zu gezielten punktuellen Angriffen. Heute filmen längst Mini-Drohnen Hollywood-Stars im Auftrag der Yellow Press in den Parks ihrer Villen oder durch die Fensterscheiben ihrer Luxusappartements. Versandhäuser wie Amazon testen Drohnen für die künftige Zustellung von kleinen Paketen. Und an der ungarisch-serbischen Grenze, berichtet die ungarische Polizei, spähen Schlepper schon systematisch aus, wo Patrouillen unterwegs sind und wo sie ihre Kunden leicht ins Schengenland schmuggeln können.

Es ist logisch, dass sich öffentliche Stellen und private Firmen intensiv mit der Erkennung und Abwehr von Drohnen befassen.

Erkennungssystem. Personen, die sich in größeren Ansammlungen bewegen, erkennen.
Erkennungssystem.
Personen, die sich in größeren Ansammlungen bewegen, erkennen.

Freilich sind die ungesetzlichen Einsatzmöglichkeiten noch viel größer. Beinahe routinemäßig werden Gefängnisinsassen in den USA aus der Luft über die Mauern hinweg mit Mobiltelefonen, Drogen und anderen Waren versorgt. In Frankreich berichtete die Polizei wiederholt von verdächtigen Flügen im Nahbereich von Kernkraftwerken. Und das Horrorszenario einer via Drohne in ein Fußballstadion oder einen Flughafen-Terminal eingeflogenen Bombe ist zwar noch nicht eingetroffen, wird aber von Sicherheitsbehörden ernsthaft befürchtet.

Es ist daher logisch, dass sich öffentliche Stellen und private Firmen intensiv mit der Erkennung und Abwehr von Drohnen befassen. Die Bandbreite reicht von der Entwicklung von Defensivflugkörpern, die Angreifer mit Netzen einfangen sollen, über die Schulung von Greifvögeln, denen die kleinen Flugkörper leichte Beute sind, bis zum elektronischen Stören der Kommunikations- und Steuerkanäle der Drohnen, um sie umzulenken oder zur Landung zu zwingen.

Das dürfte auch das Ziel der Ingenieure der israelischen Sicherheitstechnikfirma Magna BSB * sein, auf deren Website vom „Neutralisieren“ der Drohnen zu lesen ist. Mehr geben sie Fremden nicht bekannt. In den israelischen Medien zu lesen war allerdings von der Drohnenerkennungstechnologie, die Magna entwickelt hat und die auch schon am internationalen Flughafen von Tel Aviv, Ben Gurion, eingesetzt wird. Magna überwachte etwa eine Großbaustelle, die der Erweiterung des Flughafens dient und wo man wegen der vielen Maschinen und Bewegungen eine spezielle Sicherheitszone einrichten wollte.

Dabei handelt es sich um ein sogenanntes passives System. Das bedeutet, dass keine Radarsignale ausgeschickt werden, die die ohnehin schon dichte Kommunikation am Flughafen stören könnten. Magna erkennt die Drohnen mit einem Gerät, das auf mehreren Hochgeschwindigkeitskameras basiert. Damit können Flugkörper bereits auf eine Entfernung von einem Kilometer und bis zu 200 Meter Höhe präzise erkannt werden, ebenso wenn sie sich im Tiefflug nähern. Magna spricht von einer „detection rate“, einer Erkennungsrate von 99,9 Prozent. Vor allem könne das System klar zwischen mechanischen Drohnen und Vögeln unterscheiden, ärgere also seine Betreiber nicht mit zahlreichen Fehlalarmen. Überdies funktionieren die Kameras bei Tag und Nacht und auch in widrigen Wetterbedingungen.

Magna hat mit solchen Kameras und den dazugehörigen Softwareprogrammen bereits reichhaltige Erfahrung. Begonnen hatte es mit der Sicherung von Zäunen staatlicher Einrichtungen oder großer Unternehmen. Schon da ist wichtig, dass nicht jeder vorbeilaufende Fuchs oder Schakal einen Alarm auslöst. Und das Unternehmen baute sukzessive die Reichweite seiner Beobachtungen aus, man filmte nicht mehr nur den Zaun selbst, sondern schon das Vorfeld, um im Ernstfall früher alarmieren zu können.

Sicherheit am Land und im Wasser

Noch einmal schwieriger war diese Unterscheidung bei der Absicherung von Hafenanlagen oder Einrichtungen der Marine gegen die Meerseite hin. Denn die Wellen stellen automatisierte Systeme mit ihren komplexen Bewegungsmustern vor große Probleme. Aber auch das konnten die Magna-Techniker lösen. Denn nach wie vor gelten Terrorangriffe mit Schlauchbooten als potenzielle Bedrohung, heute nicht mehr nur an Land, sondern mittlerweile ebenso auf den Ölplattformen, die für die israelische Wirtschaft von großer Bedeutung sind.

Sicherheitsüberprüfung.Unbemannte Befragungskabine stellt Fragen und checkt Stressfaktoren.
Sicherheitsüberprüfung.
Unbemannte Befragungskabine stellt Fragen und checkt Stressfaktoren.

Auch FST 21 (Farkash Security Technology Ltd.) nutzt Kameras, aber für die Erkennung von Personen, die sich bewegen, selbst in größeren Ansammlungen. Firmengründer Aharon Ze’evi Farkash war vor seiner Karriere in der Privatwirtschaft Chef des militärischen Nachrichtendienstes. Sein Unternehmen erstellte ein Programm zur schnellen Erkennung von Gesichtern, auch unter schwierigen Bedingungen. Das gilt auf Flughäfen, wo sich zahlreiche Personen drängen, das kann aber auch bei Demonstrationen sein oder bei großen Sportveranstaltungen. Dafür wurden mobile Geräte entwickelt.

Vor dem Einsatz des Erkennungssystems werden biometrische Daten zu Gesicht und Körper der zu findenden Personen eingegeben. Die hohe Qualität der Kameras und die enorme Rechenkapazität brauchen dann nur mehr ganz kurze Ansichten der Zielpersonen, selbst von der Seite oder in rascher Bewegung, um sie zu erkennen. Das wird in erster Linie zum Schutz vor terroristischen Bedrohungen eingesetzt. Aber auch zivile Nutzungen sind mitgedacht. So testen einige internationale Fluglinien diese Erkennungssoftware, etwa um ihren Gold- oder Platinkartenkunden Zugang zu den Lounges zu gewähren, ohne dass sich diese umständlich ausweisen müssen oder langwierigen Sicherheitschecks unterziehen. Auch noble Appartement-Häuser mit Doorman nutzen die Technik bereits für ihre Bewohner.

Eine ganz besondere Sicherheitsüberprüfung hat das israelische Unternehmen SDS (Suspect Detection Systems) entwickelt. Bei seinem COGITO-System übernimmt eine unbemannte Befragungskabine, die ein wenig an einen Fotoautomaten erinnert, den Check. Dabei muss der Proband nicht nur auf Fragen des Apparats antworten. Er oder sie wird gleichzeitig mit Sensoren auf mehrere Stressfaktoren hin überprüft: Schwitzen und erhöhte Salzniveaus im Schweiß, erhöhter Druck in den Venen, Veränderung der Gesichtsfarbe durch die Aufregung. Zwar erreiche man laut Firmenaussagen hier nicht ganz die hohen Trefferquoten wie bei der Kameraüberwachung von Magna, aber immerhin doch noch weit über 90 Prozent. Anschließend müssen ohnehin wieder Beamte übernehmen.

Unter den Gründern des Unternehmens im Jahr 2004 war neben zwei Geschäftsleuten auch der mittlerweile verstorbene Leiter der Abteilung für Lügendetektoren der israelischen Polizei. Das automatische Befragungssystem wurde unter Mitarbeit der israelischen Sicherheitsbehörden vom amerikanischen Department for Homeland Security finanziert. In einem Interview mit der israelischen Website Ynetnews sagte Eran Drukman, Generaldirektor von SDS, dass das System mittlerweile an zahlreiche Sicherheitsbehörden geliefert worden sei: außer in Israel und in den USA nach Mexiko, China, Russland, Singapur und in mehrere lateinamerikanische Länder.

* Magna BSB Ltd. ist ein israelisches Unternehmen und hat nichts mit dem kanadischen Autozulieferkonzern Magna International Frank Stronachs zu tun, zu dem auch Magna Steyr gehört.

Bilder: © SDS; FST

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