Wenn Tanja Eckstein mit Menschen ins Gespräch kommt, schließt sie sie bald in ihr Herz. Das gilt auch für jene heute sehr betagten Holocaust-Überlebenden, die sie für Centropa interviewt hat. Von Alexia Weiss
Jüdisches Wiener Puzzle
Seit 2002 interviewt Tanja Eckstein für Centropa Holocaust-Überlende, vorrangig in Wien, aber auch in Linz und Tel Aviv. Sie lernt dabei deren Lebensgeschichten kennen, sieht sich Fotos an, setzt einen Puzzlestein zum anderen. Zusammengefügt hat sich dabei auch ihr eigenes jüdisches Wiener Puzzle. „Diese Interviews haben es mir möglich gemacht, vieles über meine eigene Familiengeschichte zu erfahren und noch stärker meine Identität zu finden. Ich habe dadurch auch in Wien ein Zuhause gefunden.“ All das verdanke sie Edward Serotta, der 1999 den Verein Centropa gründete, betont sie. „Ohne das Vertrauen, dass Edward Serotta, als er mir 2002 ein Aufnahmegerät, ein Mikrofon und einen Leitfaden zur Interviewertätigkeit übergab, in mich setzte, wäre mein Leben anders verlaufen.“
Erwin Freund, Ecksteins Vater, und seine Eltern Alfred und Klara lebten am Gaußplatz im 20. Bezirk. Seine Eltern sowie der Großteil seiner Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Dadurch war er so traumatisiert, „dass er, außer ein paar kleine Episoden, nichts, aber auch gar nichts über sein Leben vor der Schoa erzählen konnte“. Die Tochter konnte sich erst viele Jahre nach dem Tod des Vaters, der 1978 in der DDR gestorben war, auf Spurensuche begeben, nämlich erst dann, als sie mit ihrem Mann Wolf-Erich Eckstein und den zwei Töchtern der DDR den Rücken gekehrt hatte.