Zum eigenen runden Geburtstag lädt das österreichische Filmfestival einen weiteren Jubilar nach Wien ein: den großen Kameramann, Fotografen und Filmemacher Wolf Suschitzky, der Ende August 100 Jahre alt wurde.
Am Beispiel seiner Karriere lässt sich eine Geschichte des britischen Kinos im 20. Jahrhundert erzählen. Wolf Suschitzkys ursprüngliches Metier war die Fotografie, sein Beruf der des Kameramanns. An die 200 Filme hat er gedreht. Dokumentarfilme, Werbespots für Pirelli, Kinderserien für das Fernsehen und eine Handvoll unvergesslicher Kinoklassiker. Dabei hat er mit Paul Rotha gearbeitet, einem der Väter des englischen Dokumentarkinos, mit Sean O’Casey, dem bedeutenden irischen Dramatiker, und natürlich mit einer Reihe bekannter Schauspieler wie Michael Caine, Diana Rigg, Vincent Price, Trevor Howard oder John Cleese.
Ästhetische Unbestechlichkeit
Die Viennale widmet dem großen österreichischen Emigranten, der schon 1993 im Rahmen der Retrospektive „Aufbruch ins Ungewisse“ in Wien zu Gast war, in einem Gemeinschaftsprojekt mit Synema eine Galavorstellung zu seinem 100. Geburtstag. „Wolf Suschitzky ist einer der letzten großen österreichischen Filmemigranten“, sagt Viennale-Direktor Hans Hurch. „Mit ihm ehren wir nicht nur eine Person, sondern eine künstlerische Haltung, eine ästhetische Unbestechlichkeit, die sich aufgrund des herrschenden Unrechtsregimes erst im Ausland entfalten konnte.“
Wolf Suschitzky, von Freunden und Kollegen meist „Su“ genannt, wurde 1912 in Wien geboren. Er studierte Fotografie und emigrierte 1934 unter dem Eindruck des Austrofaschismus nach England, wo seine Schwester sich bereits zuvor niedergelassen hatte. Während in Wien das Verlagshaus der Eltern „arisiert“ wurde, fotografierte Suschitzky in London die Straße der Buchhandlungen: Heute gilt seine „Charing Cross Road Series“ als Meilenstein der britischen Reportagefotografie.