Gründer und Millionen

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waze.com – die Intelligenz der Vielen. Gemeinsam die Tücken des Verkehrs meistern.

Die Start-up-Szene in Israel ist nach wie vor äußerst lebendig. Jetzt hat ein US-Fachmedium die 20 interessantesten IT-Start-ups ausgewählt. wina präsentiert davon eine Auswahl. Von Reinhard Engel

Jeder Israel-Besucher kennt die Tel Aviver Stadtautobahn Ayalon – egal ob er einen Mietwagen nutzt oder sich einem Taxilenker anvertraut. Dieses äußerst dicht befahrene Straßenstück gilt auch als harter Test für die Fähigkeit eines Navigationssystems: ob es in der Lage ist, vor den dort häufig auftretenden Staus zu warnen. Zuletzt ist ein Vergleich zwischen Google und Waze, einem israelischen Navi-App, klar für den Lokalmatador ausgegangen. Während eine Stunde nach Beginn einer Blockade auf der Ayalon Google-Kunden noch nichts davon erfuhren und den Stau noch vergrößerten, hatte Waze seine Nutzer längst umgelenkt.

Mehr als nur Navigation

Waze tut das, indem die Intelligenz der Vielen eingebracht wird. Wer mit dem Auto unterwegs ist und Waze installiert hat, ist nämlich nicht nur Empfänger von Verkehrsnachrichten, sondern sendet auch Daten seines eigenen Vorankommens. Und wenn von einem Straßenstück, das normalerweise mit 80 km/h befahren wird, plötzlich Dutzende Signale an die Zentrale kommen, dass man sich dort kaum bewegen kann, ist klar: Es staut sich, und die Warnung geht hinaus.

Waze geht auf Freemap zurück, gegründet 2006 vom israelischen Software-Ingenieur Ehud Shabtai. Zwei Jahre später tat er sich mit den beiden Unternehmern Uri Levine und Amir Shinar zusammen und gründete Waze mit Hilfe mehrerer Venture-CapitalFonds. Aktuell dürfte das Unternehmen rund 50 Millionen Nutzer haben, den größten Teil davon in den USA.

Wer im Stau steht, achtet nicht nur auf Verkehrsnachrichten, sondern hat auch Zeit für Hinweise auf seine Umgebung.

Das Messen an den Leistungen von Google kommt nicht von ungefähr, denn für Waze interessiert sich derzeit ein anderer globaler Gigant, Facebook. Facebook hat noch keine eigene Navigations- oder Kartensoftware, diese könnte aber äußerst lukrativ sein. Denn immer mehr Datenverkehr spielt sich auf Mobilgeräten ab, und die geografische Position eines potenziellen Kunden ist dabei von größter Bedeutung. Wer im Stau steht, achtet nicht nur auf Verkehrsnachrichten, sondern hat auch Zeit und Aufmerksamkeit für Hinweise auf Geschäfte in seiner Umgebung: Warum nicht herunter von der Autobahn und einen Stop in einem nahe gelegenen Einkaufszentrum machen, dort einen Snack nehmen und die Sonderangebote für Möbel-Accessoirs anschauen?

Die Verhandlungen zwischen Facebook und Waze dürften laut internationaler Wirtschaftsmedien schon einige Monate laufen, die möglichen Kaufsummen sind enorm: zwischen 800 Mio. und einer Mrd. Dollar. Zuletzt spießte es sich noch über ein – wichtiges – Detail. Während die Waze-Gründer die Entwicklungsabteilung weiter in Israel belassen wollen, drängt Facebook auf eine Übersiedlung nach Kalifornien. Doch wenn der Deal ernst gemeint ist, sollte das kein grundlegendes Hindernis darstellen, zahlreiche Hightechunternehmen teilen ihre Funktionen regional auf: Headquarter und Marketing in den USA, nahe dem größten Markt und bei den Financiers, Forschung und Entwicklung in Israel, wo die guten Programmierer leben. Wie Bloomberg Ende Mai berichtete, soll nun auch Google an Waze interessiert sein und seinerseits ein Anbot legen, um Facebook nicht zum Zug kommen zu lassen.

Das umworbene Waze ist die Nummer eins unter den 20 interessantesten israelischen Start-up-Unternehmen, die die kalifornische IT-Website Business Insider vor Kurzem aufgelistet hat. Darunter findet sich eine Reihe hoch entwickelter Unternehmen, die sich etwa auf die Wartung von Computern aus der Ferne spezialisieren (Soluto), auf hierzulande bereits von Konkurrenten ins Laufen gebrachte Taxi-Apps (GetTaxi) oder auf den Einsatz von Sensoren für die Erfassung im dreidimensionalen Raum, etwa beim Körperscannen zum Maßnehmen für die Anfertigung von Kleidungsstücken oder für sportlich angehauchte Computerspiele wie virtuelles Skifahren oder Tennisspielen (PrimeSense). Correlor wiederum versucht, über Facebook-Einträge von Besuchern für seine Nutzer quasi gläserne Kunden zu schaffen. Während manche dieser Unternehmen nur für den kommerziellen Einsatz in Frage kommen, könnten einige der von Business Insider prämierten Start-ups auch für hiesige Konsumenten, Freiberufler oder Ein-Personen-Unternehmen einen Blick wert sein.

Wix – einfach kreieren

Da ist etwa Wix, die Nummer zwei auf der Insider-Liste. Wix bietet Websites zum Selbstbau an, und die billigste Version dabei kann gratis erstellt werden. Sie enthält allerdings Werbung, und wer das nicht will, muss monatliche Gebühren zahlen, in einem Stufensystem immer mehr, je höher die Ansprüche sind. wix.com – Websites selbst gemacht. Man ist vielleicht nicht gleich auf Google erstgereiht, dafür geht’s aber schnell und einfach.

Der Wiener IT-Experte Thomas Landauer, der mit seiner Firma intuitiv – Usability & Web unter anderem für Unternehmen Web-Auftritte gestaltet, hat für wina Wix unter die Lupe genommen. Er findet „den Editor wirklich einfach. Damit kommt jeder zurecht“, die – englischsprachigen – Videoanleitungen zum Bauen der Website seien ausführlich. Landauer sieht allerdings auch die Grenzen der selbst gebastelten Seiten: Das Versprechen, bei Google unter die erstgereihten Suchbegriffe zu kommen, könne Wix etwa nicht einlösen, „sonst würde die Ergebnisliste ja aus lauter Erstgereihten bestehen.“ Der Experte sieht Wix vor allem für Private und Kleinstunternehmer geeignet, die nicht online verkaufen, aber im Web präsent sein wollen: etwa Restaurants, Frisöre, kleine Geschäfte. Wenn es anspruchsvoller wird, braucht es den Profi. Aber „nachdem es von der ersten Sorte sehr viele gibt, hat Wix durchaus Potenzial“, resümiert Landauer.

Eine hervorragende Idee

„Eine hervorragende Idee“ lautet Landauers Kommentar zu BillGuard, einem System, das sämtliche Kreditkartenabrechnungen eines Kunden überprüft. Dabei untersucht das Unternehmen nicht nur, ob es sich bei den Rechnungsstellern um wirkliche Firmen handelt, sondern geht auch Kleinstbeträgen nach, die man eventuell als Nutzer mehrerer Karten übersehen könnte. Die BillGuard-Gründer haben die Grundlagen ihrer Ausbildung in der IT-Eliteeinheit der israelischen Armee genossen. Sie sprechen zwar nicht über Details, aber auch dort geht es unter anderem darum, aus gewaltigen Datenmengen Auffälligkeiten herauszufiltern. Diese Auffälligkeiten wären hier etwa Gaunereien über Abbuchungen durch Phantasiefirmen, die sich bei mehreren Kunden wiederholen und dadurch von der Software an das Tageslicht befördert werden. Der Kunde – sei er Privatnutzer oder Unternehmer – wird vor dubiosen Zahlungen gewarnt und kann diese genauer überprüfen, eventuell mit dem Händler direkt Kontakt aufnehmen oder via Kreditkartenfirma stornieren.

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