Von der Hatikwa, bis zu den spirituellen Klängen des Kaddisch – Gebetes, mündend in einem rockigen Popsong. Jeremy Schonfeld verarbeitet in seinem Konzeptalbum Iron & Coal das Schicksal seiner Familie. Von Iris Lanchiano
wina: Ihre Beziehung zu Wien?
JS: Das erste Mal kam ich im August 2010 nach Wien. Ich fuhr mit dem Team von Beat 4 Feet zusammen nach Auschwitz. Wir verstanden uns sehr gut, und ich wollte mit ihnen in Wien arbeiten. Zu wissen, dass mein Vater aus Munkács stammt, was zwar nicht Wien ist, aber auf jeden Fall näher als New York, gab der ganzen Produktion die nötige Tiefe.
wina: In ihrem Album „Iron & Coal“ verarbeiten Sie ihre Familiengeschichte. Wie ist Ihr Vater, der in Ungarn geboren wurde, in St. Louis gelandet, wo Sie aufgewachsen sind?
JS: Ein Onkel meines Vaters hat es geschafft, vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA auszuwandern. Er hat jemanden aus St. Louis getroffen und ist dorthin gezogen. Dann ist der Teil meiner Familie, der überlebt hat, nachgekommen. Mit dieser Familiengeschichte aufzuwachsen, hat mich sehr geprägt, und ich wusste, dass ich irgendwann dieses Thema musikalisch verarbeiten möchte. Mein Vater Gustav Schonfeld hat seine Memoiren in einem Buch verarbeitet (Absence of Closure), und als er krank wurde, habe ich gewusst, dass der Zeitpunkt für dieses Album gekommen war.
wina: Ist Ihr Vater jemals wieder zurückgekehrt?
JS: Ja, er war in Munkács, aber nie in Auschwitz. Mein Vater war ein sehr weiser Mann, ein Wissenschaftler. Er hat sein ganzes Leben lang nach Antworten gesucht. Aber eine Frage konnte er sich nie beantworten: das Warum? Die große Frage. Meine Familie hat sich von ihrem Land verraten gefühlt.