Last Folio. Bilder einer Ausstellung

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Der Fotograf Yuri Dojc und die Filmemacherin Katja Krausova suchten nach der Geschichte der vernichteten jüdischen Gemeinden in der Ostslowakei und fanden dabei berührende Spuren des Lebens. Fotos: Yuri Dojc

2006 fand Yuri Dojc auf seiner Reise durch die Slowakei eine verlassene Synagoge in Bardejov. Eine Schul, die seit 1942, seit die Schüler deportiert wurden, nicht mehr betreten worden war. Sie hinterließen dort auf Bänken, Tischen und in Regalen ihre Bücher, ihre Gebetsriemen, ja sogar ihre Taschen und Schuhe. Diese Erinnerungsstücke stehen im Mittelpunkt des Projektes Last Folio und erscheinen damit als universelles Mahnmal des vernichteten Judentums.

„Die Juden sind kein historisches Volk, / Nicht einmal ein archäologisches Volk, die Juden / Sind ein geologisches Volk, mit Scherben / Und Einbrüchen und Schichten und glühendem / Magma. / Ihre Geschichte muß mit einem / Anderen Maßstab gemessen werden.“* – Jehuda Amichai

„Yuri und ich sind zahllose Straßen entlang gereist, um die kleinen Städte und winzigen Dörfer des Landes zu finden. Wir trafen viele Menschen, fanden unzählige Reminiszenzen an das jüdische Leben und entdeckten dabei fragile Fragmente der Erinnerung  an die Vernichteten. Die Erlebnisse unserer Familien nachzuvollziehen und die Welten, in denen sie lebten und starben, nachzuzeichnen, war für uns eine gewaltige spirituelle und eine sehr persöhnliche Reise“, erinnert sich Katya Krausova. Sie begleitete Yuri Dojc als Produzentin und Filmemacherin auf seiner Reise. Dabei entstand ein Interviewfilm, aus dem eine Kurzversion in der Ausstellung Last Folio in Wien gezeigt wird.

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„Wir alle versuchen etwas Bleibendes zu hinterlassen, nachdem wir diese Welt verlassen. Doch jene, deren Leben durch den Holocaust so plötzlich ausgelöscht wurde, hinterließen kaum etwas. Die Fotografie ermöglicht mir, das Wenige festzuhalten und so ein Mahnmal herzustellen. So kann ich den Ermordeten meine Ehre erweisen und sie in Erinnerung behalten“, erzählt Yuri Dojc. Der bekannte kanadische Fotograf, der 1969 aus der Slowakei flüchtete, begann seine fotografische Reise nach dem Tod seines Vaters in Bratislava. Dieser hatte ein Standardwerk zur Geschichte der slowakischen Juden geschrieben, das Dojc und Krausova als Reiseführer in die Geschichte der jüdischen Gemeinden und in die ganz persönliche Geschichte diente. So verband sich in diesem Projekt das Vermächtnis des Vaters und des Sohnes.

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Last Folio
11.02.2014 – 16.03.2014
Eröffnung: 11. Februar 2014, 18.00 Uhr
Akademie der
bildenden Künste,
Schillerplatz 3,
1010 Wien
lastfolio.com

* aus Jehuda Amichais Gedicht Juden in der Übersetzung von Alisa Stadler, Piper 1994

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