So sieht es aus

Die FPÖ ist also nun Teil der österreichischen Regierung. Es gilt, wachsam zu bleiben.

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Zeichnung: Karin Fasching

Lasst sie doch einmal arbeiten. Es wird schon nicht so schlimm werden. Uns Juden wird das auch alles nicht tangieren. Die FPÖ stellt sich jetzt doch gegen Antisemitismus! Und Heinz-Christian Strache hat gute Beziehungen zu Israel. Sätze wie diese hörte man rund um die Koalitionsbildung von ÖVP und FPÖ. Mancher schien sogar ganz zuversichtlich, dass sich die FPÖ nun vehement gegen jenen Antisemitismus einsetzen würde, der von muslimischer Seite zu hören ist.

Die Sache hat nur einen Haken. Die FPÖ hat den immer wieder aufflackernden althergebrachten Antisemitismus in den eigenen Reihen noch immer nicht überwunden. Und: Wer Stimmung gegen eine Gruppe von Menschen macht, dem kann man nicht vertrauen, dass eines Tages nicht auch eine andere Gruppe zur Zielscheibe wird. Zudem stellt sich die Frage: Können die, die hier aufgehetzt werden, dann auf der Straße unterscheiden, ob sie nun einen Muslimen oder einen Juden vor sich haben, den sie meinen, schmähen oder bespucken zu müssen? Wird dann nicht potenziell jeder zum Hassobjekt, der nicht so aussieht, wie hier Lebende vermeintlich aussehen, aber auch jeder, der Deutsch mit Akzent spricht? Und muss man nicht grundsätzlich gegen alle Tendenzen aufstehen, die Menschen ausgrenzen und der allgemeinen Hetze preisgeben?

Selbst wenn man die FPÖ an ihren Taten misst, jetzt, seit Regierungsantritt, gibt vieles Anlass zu Sorge. Was ist von einem Vizekanzler zu halten, der die jährlich veröffentlichte Statistik der beliebtesten Namen für Neugeborene dazu benutzt, gegen Muslime zu hetzen?

Die FPÖ hat den immer wieder aufflackernden althergebrachten Antisemitismus
in den eigenen Reihen noch immer nicht überwunden.

Was ist von einer Polizei unter einem FPÖ-Innenminister zu halten, die anlässlich einer Demonstration vor der US-Botschaft – Grund: Trumps Ankündigung, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen – nicht jene bestraft, die Protestierende, welche, nachdem antisemitische Parolen gerufen wurden, eine Israel-Fahne hochhalten, angreifen, sondern die, die die israelische Flagge halten? Dadurch seien bei den „anwesenden palästinensischen Protestanten (sic) Unmut und Provokationen“ erzeugt worden, heißt es in der Strafverfügung gegen die Fahnen-Hochhaltenden. Sie müssen nun 100 Euro Strafe zahlen.

Was ist von Politikern zu halten, die Pläne skizzieren, wonach Geflüchtete künftig „konzentriert“ in Lagern unterzubringen sind, mit abendlicher Ausgangssperre und möglichst wenig Kontakt zu hier Lebenden?

Der Jüdische Weltkongress, aber auch die israelische Regierung haben ihre Bedenken angesichts der FPÖ-Regierungsbeteiligung geäußert. Ja, vielleicht versteht die FPÖ-Führung nun die Welt nicht mehr. All die Bekenntnisse, gegen Antisemitismus aufzutreten, all die Reisen nach Israel: Und am Ende erst wieder ein Boykott der FPÖ-Regierungsmitglieder von jüdischen Organisationen. Warum? Weil Jüdinnen und Juden gelernt haben, besonders sensibel zu sein. Sie haben nicht nur eine Verantwortung gegenüber ihren Vorfahren, sondern auch gegenüber ihren Nachkommen.

Die FPÖ hat bis heute nicht ihre Geschichte umfassend und glaubhaft aufgearbeitet und einen klaren Bruch mit ihrer Vergangenheit vollzogen. Das ist auch schwer, wenn so viele Vertreter – auch Regierungsmitglieder – schlagenden Burschenschaften angehören. Die Ideologie, die dort vertreten wird, hat immer noch ewig gestrige Züge. Und die Ideologie, die dort vertreten wird, rückt auch heute das Hiesige in den Vordergrund, auch wenn nicht mehr mit dem Begriff „deutsch“ operiert wird, sondern mit christlicher und abendländischer Kultur. Doch Sprache kann nicht immer zudecken: So wie Lager Lager bleiben, auch wenn man sie rescue center nennt, so ist auch klar, dass Einflüsse anderer Kulturen nicht erwünscht sind.

 

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