Songs for Eternity

Das Motto „Heimat“ und 80 Jahre „Anschluss“ begleiten auch das künstlerische Vorprogramm zum diesjährigen Life Ball.

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Das Motto des künstlerischen Vorprogramms des Life Balls. „So entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat“, Ernst Bloch.

Traditionell beginnt das Life Ball-Wochenende nicht am Rathausplatz, sondern mit einem außergewöhnlichen Konzert auf der Bühne des Burgtheaters. Dort, wo sonst nur Sprechtheater stattfindet, gibt es am 1. Juni 2018 ein Stelldichein internationaler Weltstars, die mit ihrem Auftritt die Botschaft verkünden, dass HIV/AIDS nur gemeinsam besiegt werden kann. Diesen musikalischen Auftakt, das Life+ Celebration Concert, bestreiten heuer die weltberühmten Tenöre Jonas Kaufmann und Andreas Schauer sowie die Sopranistinnen Hila Fahima und Kristin Lewis und die Mezzosopranistin Elena Maximova.

80 Jahre nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland erinnert die deutsche Sängerin Ute Lemper mit ihren Songs for Eternity, jiddischen Liedern aus dem Ghetto, an dieses geschichtsträchtige Datum. Die deutsche Musical- und Chansonsängerin lebt seit 1998 in den USA, arbeitet aber auch in Europa. Sie hat sich unter anderem als fulminante Kurt-Weill-Interpretin einen Namen gemacht. Vor zwei Jahren lernte Lemper den Musikwissenschaftler, Pianisten und Komponisten Francesco Lotoro kennen. Der Italiener mit ungarischen Wurzeln forscht seit mehr als 25 Jahren zu Musik, die in Konzentrationslagern und Ghettos entstand. Einige tausend Musikstücke und Lieder hat er wiederentdeckt, archiviert und in der auf CD veröffentlichten Reihe „KZ Musik“ eingespielt. „Für mich als Nachkriegsdeutsche ist es ein wichtiges Anliegen – ich fühle mich in der Verantwortung, das Material dem Publikum zugänglich zu machen, sodass die Lieder und die damit verbundenen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten.“ Lemper singt auf Deutsch und auf Jiddisch.

Musik aus Konzentrationslagern. Die Deutschlandpremiere von Songs for Eternity fand im Rahmen der 30. Jüdischen Kulturtage letzten Herbst in Berlin statt. Das Programm enthält Stücke, die zwischen 1941 und 1944 von jüdischen Gefangenen in den Konzentrationslagern und Ghettos geschrieben und komponiert wurden. Zu den bekannteren Komponisten unter ihnen zählen Viktor Ullman und Willy Rosen. Bei einigen der Songs handelt es sich um tröstende Kinder- und Wiegenlieder, die die Mütter nachts vorsangen. Die meisten Texte handeln aber von der Grausamkeit in den Ghettos und Konzentrationslagern. „Es ist mir wichtig, Menschen zu sensibilisieren, ihre Empathiefähigkeit zu stärken“, erklärt Lemper, „das kann und muss Kunst leisten, gerade vor dem Wiedererstarken von reaktionärem und völkischem Gedankengut.“

»Ich fühle mich in der Verantwortung, dass die Lieder und die damit verbundenen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten.«
Ute Lemper

Die Schwesterveranstaltung des Life Ball findet bereits zum siebten Mal statt. Das Motto des Abends ist dem Begriff „Heimat“ und den damit verbundenen Fragen gewidmet: Was ist Heimat? Ein Ort, ein Glaube, ein Gefühl, eine Erinnerung? Oder sind es Menschen und Gebräuche? Ein ewig gültiges Zitat des Philosophen Ernst Bloch haben die Veranstalter als Untertitel für das diesjährige Konzert gewählt: „so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ Dieses Leitmotiv zieht sich sowohl durch die Operndarbietungen als auch durch kurze Lesungen aus dem österreichischen Kanon der Literatur, vorgetragen von Burgtheater-Größen wie Markus Meyer und Sunnyi Melles. Der Vorreiter des phantastischen Realismus, der Künstler Arik Brauer, setzt das Thema ins Bild: Sein Plakat für den Abend greift die irreführende Vorstellung auf, dass Heimat immer ein geografischer Ort sein muss. 

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