Terminkollision

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Drei feine jüdische Festivals bietet Wien im Herbst. Aber warum müssen alle im November stattfinden?

von Alexia Weiss

Das KlezMORE Festival Vienna bringt von 5. bis 20. November jede Menge Klezmerklänge, auf verschiedenste Weise interpretiert – sowohl traditionell ausgelegt als auch neu bearbeitet beziehungsweise mit anderen Stimmen der Weltmusik verbunden. Friedl Preisl setzt hier nun schon das 13. Jahr auf einen weiten Bogen, vor allem aber auf Interpreten, die man nicht das ganze Jahr über in Wien hört. Wie er unermüdlich nach Klezmer-Interpreten sucht und dann jeweils ein sehr dichtes Programm zusammenstellt, ist bewundernswert. Highlights sind heuer Auftritte der Pressburger Klezmer Band, der dänischen Gruppe Afenginn oder Loyko mit Gypsy-Musik aus Russland. Zu hören ist das Yiddish Art Trio aus den USA, aber auch die Auschwitz-Überlebende, Schriftstellerin und Musikerin Esther Bejarano.

Wäre es aber nicht im Interesse aller, die Festivals zumindest auf die Monate September, Oktober, November zu verteilen?


Ruth Schwarz, die für das Rahmenprogramm verantwortlich zeichnet, hat die Formation Kapelush aus Italien, Polen und der Schweiz für ein Klezmerkonzert für Kinder engagiert, zu dem auch heuer wieder – wie im Vorjahr – Flüchtlingskinder eingeladen werden. Ein Themenabend wird sich mit dem „Leben im Land der Opfer und TäterInnen“ befassen, Claudia Erdheim erzählt über die Juden im Unteren Werd, eine Stummfilmmatinee zeigt den 1927 gedrehten Streifen The Cat and the Canary mit musikalischer Live-Begleitung. Alleine das KlezMORE Festival böte ein dichtes Programm an jiddischer und jüdischer Kultur. Doch im November finden zwei weitere Festspiele statt: von 15. November bis 1. Dezember das Jüdische Filmfestival, das heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert. Und von 14. bis 30. November präsentiert sich das Yiddish Culture Festival Vienna. Dabei handelt es sich um den bisherigen Jiddischen Kulturherbst, von Kurt Rosenkranz ins Leben gerufen und organisiert und nun in neue Hände gegeben. Mit diesem Jahr hat Rudolf Meixner die Festivalleitung übernommen und setzt dabei neue Akzente.

Das Yiddish Culture Festival bietet insgesamt vier Produktionen. Das Highlight, Kaddisch für den Kaiser, geht am 24. November – exakt 100 Jahre nach dem Tod Kaiser Franz Joseph I. – über die Bühne. Am Klavier: Paul Gulda, Gesang: Shira Karmon, Rezitation: Schulamit Meixner. Diesen Beitrag hatte Meixner ursprünglich an Rosenkranz herangetragen. Am Ende übernahm er das Festival, das in den kommenden Jahren wieder wachsen soll. Und auch das Jüdische Filmfestival wartet wieder mit einem interessanten Programm auf: Schon die Eröffnung verspricht Diskussionsstoff. Gezeigt wird Yvan Attals Streifen Ils sont partout (Sie sind überall). Im Mittelpunkt steht das Thema Antisemitismus: Der Protagonist empfindet diesen als im Steigen begriffen und bespricht dies mit seinem Psychiater. Abgehandelt wird dies durch das Spiel mit antisemitischen Klischees, die dadurch ad absurdum geführt werden sollen.

Stellt sich nun allerdings dem passionierten Festivalbesucher die Frage: Jahr für Jahr ist der Herbst von diesen drei tollen Festspielen geprägt. Das ist fein und Ausdruck einer lebendigen jüdischen Kulturszene, engagierter Festivalmacher und durchaus auch einer regen Nachfrage nach jüdischen Inhalten. Wäre es aber nicht im Interesse aller, die Festivals zumindest auf die Monate September, Oktober, November zu verteilen oder eines davon sogar im Frühjahr stattfinden zu lassen? Traditionen sind das eine, pragmatische Adaptionen das andere. Es würde wohl allen nur nutzen – den Festivals, aber auch den Besuchern.

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