Wenn die Klimaanlage schlapp macht

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Eine Zerreißprobe für die Nerven. Wie schafft man es, ohne das kühle Lüftchen einen klaren Kopf zu behalten? Von Iris Lanchiano

Der „Masgan“ (hebr. für Klimaanlage) ist nicht nur ein treuer Partner, während sich Familie Elbaz zuhause die wöchentliche Entscheidung im Big Brother-Haus ansieht. Nein. Der Masgan ist des Israelis bester Freund, unterwegs, im Auto, im Büro oder im Fitness-Center.

Das Leben ist zu kurz, um zu leiden

Aber was passiert, wenn der Masgan bei 30 Grad den Geist aufgibt? Diese Erfahrung durfte ich im letzten Monat machen. Selbst wenn man sich im Sommer nicht viel bewegt, schwitzt man, dafür sorgt das feuchte Klima. Doch oft hapert es bei der Regulierung des Masgans. Wenn man sich nämlich in geschlossenen Einkaufszentren oder Kinosälen aufhält, wird aus der tropischen Hitze schnell einmal der Nordpol. Somit habe ich rasch gelernt, immer eine Weste oder einen Schal mit mir mitzutragen. Wenn man das nämlich nicht macht, kann das dazu führen, dass man sich verkühlt – also eine „Masganitis“ (wie ich sie nenne) einfängt.

Unangenehm wurde es bei einer Busfahrt, in meinem Fall von Tel Aviv nach Jerusalem, in der prallen Mittagshitze. „Busfahrer, wo bleibt die Klimaanlage? Wir sterben hier hinten!“ – „Das kann man nicht aushalten, ich möchte sofort aussteigen.“ – „Sag deinem Idiotenverein von Busgesellschaft, dass ich mein Geld zurück möchte.“ Solche und andere Nettigkeiten durfte sich der Busfahrer aus den hinteren Reihen anhören. Nach der Hälfte der Fahrt nahm der „Eau de Schweiß“ immer mehr zu. Es blieb nichts anderes übrig, als mit der Zeitung vor sich hin und her zu wedeln. Am Ziel angekommen, sprangen die Seufzer und Nörgler mit „Uffff“ und „Achhhhh“ aus dem Bus. Ich hörte nur den Busfahrer auf Jiddisch in seinen Bart murmeln, „wilde Chayes“, was so viel wie wilde und ungezügelte Menschen bedeutet.

Wenn es hart auf hart kommt, gibt es nur mehr den Klimaanlagen-Techniker, der den Haussegen wieder herstellen kann. Meine Nachbarin Dina war verhindert und bat mich, ihrem Techniker Guy die Türe aufzumachen. Dina bereitete mich schon auf den Besuch vor und sagte mir, dass es immer viel zu lachen gibt, wenn Guy vorbeikommt. Schon als ich ihm die Türe öffnete, wusste ich, was sie damit meinte. Ein kleiner, runder Mittdreißiger in blauer Latzhose und mit fortgeschrittener Halbglatze. Guy arbeitete im Familienunternehmen schon seit seiner Zeit in der Armee. Seine Familie immigrierte aus dem Kaukasus, und obwohl Guy seit 25 Jahren in Israel lebt, fühlt er sich den Traditionen des Kaukasus sehr verbunden. An seiner Hand trug er einen großen, funkelnden Ring, ein Erbstück der Familie, und sein kleiner Fingernagel war deutlich länger als der Rest der Fingernägel seiner Hand. Guy war gründlich bei seiner Arbeit. Er reinigte den Filter, wie es sich gehörte. Nach getaner Arbeit entdeckte er einen Lampenschirm im Eck. „Der Schirm gehört auf die Lampe und nicht auf den Fußboden, das habe ich Dina schon beim letzten Mal gesagt. Sie braucht endlich einen Mann im Haus.“ Er nahm den Lampenschirm und fixierte ihn. „Jetzt weiß ich, warum Dina dich ‚The Guy‘ nennt. Ein Mann für alles.“

Um die Outdoor-Sauna im Sommer zu ertragen, gibt es neben dem altbekannten Fächer ein mutiges, modisch fragwürdiges, aber durchaus nützliches Accessoire. Gesehen entlang der Strandpromenade in Tel Aviv, wo sich die Liebhaber der israelischen Volkstänze „Rikudei Am“ wöchentlich treffen, um zu tanzen und alte und neue Freunde zu treffen. Motti, ein älterer  „Rikudei Am“-Fan aus einem Kibbutz in der Nähe von Tel Aviv, trug eine Kappe mit eingebautem Ventilator. Beim Plaudern mit den anderen bekam er für sein Accessoire viele Daumen nach oben. „Das Leben ist zu kurz, um zu leiden“, meinte Motti. Während den anderen der Schweiß über die Stirn lief, blieb Motti relaxt. Ein gutes Beispiel dafür, dass es die kleinen Dinge im Leben, sind die zählen

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