Wina Editorial

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Einen traurigen (Wahl-)Sonntag haben wir hinter uns, und einer folgt demnächst. Die Stichwahl der beiden im Rennen verbliebenen Bundespräsidenten-Aspiranten wird, so sagen es Umfragen voraus, nicht anders ausgehen, als der erste Wahlgang.

Die FPÖ hat es geschafft, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und lässt damit für die Nationalratswahlen 2018 (?) nichts Besseres erahnen, als ihre Beteiligung an der Regierung. Auf jeden Fall ist aber eine Entscheidung für Hofer als Bundespräsident eine Entscheidung für einen blauen Kandidaten, der sich kurz vor dem ersten Wahlgang die Frage stellte: „Wann ist unsere Demokratie so weit entwickelt, dass sie es aushält, wenn jemand etwas sehr Dummes sagt?“ Mit „Dummes“ meinte er natürlich jene Abschnitte des Verbotsgesetzes, die das Leugnen, Verharmlosen und Gutheißen nationalsozialistischer Verbrechen strafbar macht und bringt damit seine ganz persönliche Note in den Wahlkampf ein. Eine persönliche Wahlempfehlung an dieser Stelle abzugeben, wäre auch aus diesem Grund redundant, das Zitat des Kabarettisten Joesi Prokopetz (aus dessen Feder der Austropop-Hit Da Hofa stammt) möchte ich Ihnen aber trotzdem nicht vorenthalten: „Ich wähle Van der Bellen, weil der Hofer, der schaut mir so verdächtig aus.“

Drei Mütter sitzen im Café. Da beginnt die Erste:‚Oj weh, oj weh!‘ Dann die Zweite: ‚Was soll man nur machen, was soll man nur machen?‘ Dann die Dritte: ‚Na ja, ach ja!‘ Worauf die Erste meint: ‚So, jetzt haben wir genug über die Kinder gesprochen!

Einen viel schöneren Sonntag als den Wahlsonntag wird es im Mai aber auch noch geben, den Muttertag. Den Tag, an dem Mütter – wie jedes Jahr – mit Blumen, Selbstgebackenem und-gebasteltem überhäuft werden. Ein Feiertag für Handel und Gastronomie, aber auch ein Tag, an dem sich Mütter und Kinder nachdenklichund ein wenig wehmütig ihrer Rolle bewusst werden: „G-tt kann nicht überall sein, deshalb schuf er die Mütter.“ Um diesen Tag gebührend zu feiern, haben wir Mütter besucht, die stellvertretend für alle anderen den Inbegriff der viel gerühmten und viel geschmähten Jiddischen Mamme darstellen. Sie sind dankbar für und stolz auf ihre Kinder, sie sorgen sich um sie und versorgen sie ein Leben lang – und sie sind auch der Garant für die Beständigkeit des Judentums in all seiner Vielfalt. Zwei Sonntage im Mai sind also bereits mit Feiern, Zittern und Hoffen belegt, für die beiden anderen wie auch für alle anderen Mai-Tage haben wir Ihnen Interessantes von den Akten aus Panama über den traditionsreichen Hutmacher Shmuel Shapira bis hin zum fiktiven Inspektor Jakoov Blok, der eigentlich Samuel Finzi heißt, zusammengestellt. Wir erinnern an den verstorbenen Nobelpreisträger Imre Kertész und an Flüchtlingsdramen an der israelischen Grenze. Wir machen Ihnen Gusto auf das Festival der jüdischen Kultur ab Ende Mai und aufs Kochen mit Spinat. All das und mehr finden Sie auf den folgenden Seiten – bei der Lektüre wünsche ich Ihnen viel Freude!

Julia Kaldori
Chefredaktion

Bild: © Konrad Bak, 123rf

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