Wina Editorial

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Stellen sie sich vor, sie drehen in der Früh die Nachrichten auf und die Welt hat sich plötzlich um 180 Grad gedreht – ihre Welt hat sich mit einem Schlag völlig verändert. Von gestern auf heute sind sie nicht mehr Bürger der Europäischen Union, wird ihrer Universität die Existenzberechtigung entzogen, wird ihre persönliche Freiheit durch einen Terroranschlag beschnitten, oder sie leben plötzlich in einer Diktatur und in Angst vor Verhaftungswellen. Stellen Sie sich vor, sie gehen mit Träumen und Plänen ins Bett und wachen in einem Alptraum auf, die ab nun ihre Realität ist.

Genauso hat sich die Lebenswirklichkeit hunderttausender junger Menschen in den letzten Jahren und Monaten in London, Budapest, Paris, Berlin oder Istanbul verändert. Doch wo bleibt die Aufmüpfigkeit, die transformierende Kraft, der Wille zur Verteidigung von Freiheit, Vielfalt und Demokratie jener Generation, deren Wertesysteme und Zukunftspläne derzeit von der „weisen“ Elterngeneration, von der mittlerweile, nicht nur am Haupthaar, ergrauten politischen Elite zerstört und verunmöglicht wird? Welche politische Mittel und künstlerische Formen machen sie sich zu Nutzen in Zeiten von Facebook, Instagram und Snapchat um ihre Zukunft zu sichern und mitzugestalten?

Wir haben in diesem Heft einige von ihnen versammelt. Wie die beiden rebellischen Jungs in der jüdischen Hochschülerschaft, die manchmal vielleicht zu kritisch, aber ganz sicher hochpolitisch und herzerwärmend sozial sind. Wie die jungen jüdischen Künstler, die im Rahmen einer Ausstellung beim Festival der jüdischen Kultur ihre Welten zeigen. Oder wie jene Jugendliche, die auf der March of the Living die Grauen der Vergangenheit erspürten um von dort den Auftrag mitzunehmen, etwas zu tun, denn die Zukunft – der Freiheit, des Friedens, der Menschenrechte – liegt in ihren Händen. Alles junge Menschen, die ethnisch, kulturell, religiös und politisch unterschiedlich sozialisiert sind und hier ihre Heimat gefunden haben. Und darin liegt auch ihre Stärke: in ihrer Buntheit, in ihrem respektvollen, interessierten und achtsamen Umgang mit der Vielfalt unserer Weltengemeinschaft. Und mit dieser Stärke werden ihre Träume, ihre Pläne für die Zukunft sicherlich wahr.

Von Julia Kaldori


Bild: © Flash90

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