„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht“, schrieb Franz Kafka. Ein Satz, der an dieser Stelle vor genau zehn Jahren schon einmal stand. Wir baten Sie damals, unseren Weg mitzugehen, ohne zu ahnen, dass es ein so lange sein wird. Nicht, weil es unmöglich schien, sondern, weil ein Jahrzehnt so lange zu sein scheint, dass man schwer von einem Ende zum anderen denken kann. Und wenn wir ehrlich sein wollen, wirkt die Zäsur vor und nach Covid sowieso, als würde sie nicht Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte voneinander trennen.

Ein solches Jubiläum macht ein wenig sentimental und ich hoffe, dass Sie mir an dieser Stelle auch ein paar persönliche Zeilen verzeihen. Wir haben also ein gemeinsames Jahrzehnt hinter uns, voller politischer Zerwürfnisse, gesellschaftlicher Katastrophen, wirtschaftlicher Turbulenzen und einer Pandemie. Und während die Welt draußen tobte und bebte, haben all jene, die WINA monatlich erschaffen, unter allen Umständen und stets mit Begeisterung weitergemacht. Den kreativen Redakteuren, den wunderbaren Redakteurinnen und dem unermüdlichen Produktionsteam – und all jenen, die diesen Weg begleitet und ermöglicht haben, gilt mein aufrichtiger Dank. Und vor allem auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, möchte ich für den Weg danken, den Sie mit uns gegangen sind. Viele von Ihnen begleiten uns von Beginn an. Ihre Anregungen, Gedanken, aber auch Ihre Kritik hat uns geholfen, uns weiterzuentwickeln und so weit zu kommen. Diesen Weg, auf dem wir noch einiges vorhaben, möchten wir auch weiterhin entstehen lassen, indem wir ihn gemeinsam gehen, gemeinsam Freude haben und sämtliche kommende Herausforderungen gemeinsam meistern.

Die Zäsur zwischen altem und neuem WINA-Jahrzehnt wird von der des jüdischen Neujahrs umrahmt. Bald bläst man in den Synagogen wieder den Schofar, um das Jahr 5782 einzuläuten. „Der Herbst ist der Frühling des Winters“, meinte Henri de Toulouse-Lautrec, und er nähert sich mit den Hohen Feiertagen und dem nahenden Schulbeginn eilenden Schrittes. Die Hoffnung, dass dieser Herbst nicht mehr von den Ängsten und Einschränkungen der Pandemie beherrscht wird, schwindet dahin. Der Covid-19-Nebel legt sich erneut auf die kurzen unbeschwerten Momente des Sommers. Doch mehr noch beherrschen uns in den letzten Monaten die bedrohlichen Klimaszenarien und deren jetzt schon deutlichen Auswirkungen. „Seht euch vor, dass ihr meine Welt nicht verderbt und zerstört. Denn wenn ihr es tut, wird es niemanden geben, der sie nach euch wieder instand setzt“, heißt es im Midrasch. Wir sollten uns im neuen und in den folgenden Jahren Gedanken machen, wie wir dieser Aufforderung nachkommen. Denn so wie vor dem Höchsten Gericht müssen wir uns auch vor unseren Kindern und Enkeln verantworten für die Welt, die wir ihnen hinterlassen. Die Möglichkeiten, kurz vor zwölf gemeinsam innezuhalten, hätten wir ja.

Ich wünsche Ihnen wunderbare Feiertage mit Ihren Familien und Freunden, viel Gesundheit und Freude und uns allen ein friedliches Jahr 5782. Gmar chatima towa!

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