Ein Essay anlässlich zwei neuer Bildbände über die jüdisch-amerikanische Magnum-Fotografin Eve Arnold. Von Alexander Kluy
Vielleicht war Eve Arnold, geborene Cohen, die am 21. April 1912 in Philadelphia zur Welt kam und am 4. Januar dieses Jahres in einem Londoner Pflegeheim starb (und geschätzte 750.000 Fotografien hinterließ), am besten in Schwarz-Weiß. Die Aufnahmen von Marlene Dietrich beim Proben, die Suiten über Voodoo auf Haiti und über die ersten fünf Minuten im Leben eines Babys, aufgenommen 1959, oder die Aufnahmen Joan Crawfords in ihrer Garderobe während der Dreharbeiten zu The Best of Everything (Alle meine Träume), ebenfalls 1959 entstanden, sind von großer Schärfe, Klarheit, Eindringlichkeit und zeigen aufregend spontane, doch nie zufällig anmutende Ausschnitte, im Fall der 54-jährigen Hollywood-Diva etwa deren obsessiv-kriegerischen Kampf gegen das Altern. Und doch ist das beste, tiefste, kunstvollste Foto ein farbiges. Darauf reflektiert ein großer Spiegel die Crawford mit einem kleineren Handspiegel und erschafft drei Gesichter respektive medial-intersubjektive Images: einmal unscharf von hinten, das zweite Mal unnachgiebig eisig im kleinen Spiegel und dann, im großen Spiegel, zeitlos weichgezeichnet und PR-hollywoodjung. Wie machte das Eve Arnold nur?