Der allmächtige Mossad

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Zu Jahresbeginn überraschte ein „Tatort“, der sich mit illegalen Lieferungen an Irans Atomprogramm befasste. Von Alexia Weiss

Das Jahr 2015 hat mich mit einem unerfreulichen Magendarmvirus begrüßt, und wenn man da so dahinkränkelt und zu nichts recht Kraft hat, schaltet man irgendwann den Fernseher ein. Krimis gehören ja nicht so zu meiner üblichen TV-Kost, aber am Sonntag nach Silvester wurde ein Tatort aus Wien ausgestrahlt, die erste Einstellung vor dem Hotel Sacher mit einer Leiche auf einem Auto. Der Tote entpuppt sich als iranischer Diplomat, Selbstmord wird rasch ausgeschlossen, und wie lautet daher die erste Vermutung der ermittelnden Beamten? Richtig – das kann nur der Mossad gewesen sein. Nun schaltete ich nicht mehr weiter.

Zuerst: So ein Gefühl des „das kann’s doch nicht sein, wie sehr Provinzposse ist das denn und welche Ressentiments werden von den Drehbuchschreibern da wieder bedient?“ Im Zug der Geschichte dann: Wie weltweit allmächtig stellen sich Österreicher eigentlich den Mossad vor? Und am Ende: zwiegespalten – sehr.

„Hat dieser Tatort nun etwas Bewusstsein für dieses Problem geschaffen? Vielleicht.“

Österreich wird da mit seiner Bürokratie, seinen für Korruption anfälligen Politikern und seinem eher trägen Ermittlungsvorgehen nach Strich und Faden vorgeführt, denn am Ende haben nicht die heimischen Beamten, sondern die beiden Mossad-Agenten die entscheidenden Hinweise gegeben. Und während ein eben erst inhaftierter Lobbyist namens Trachtenfels-Lissé (irgendwelche Assoziationen? – genau!) nach bereits einer Nacht in Haft wieder freikommt, machen die Agenten kurzen Prozess und erschießen ihn, als sein Chauffeur das Auto gerade in Gang setzt, um ihn wieder nach Hause zu bringen. Ja, dieser Schluss hinterließ dann doch so etwas wie einen bitteren Nachgeschmack: die heimische Justiz, die je nach den Verbindungen des Verdächtigen agiert, auf der einen Seite – die Israelis, die hinrichten ohne Prozess, auf der anderen.

Inhaltlich aber war die Geschichte doch sehr spannend: Denn es ging um eine Lieferung von 2.500 Ventilen, die für Kernreaktoren gebraucht werden, von einem niederösterreichischen Unternehmen an den Iran – allerdings anders deklariert, um das bestehende Embargo zu umgehen. Es ging also um ein Millionengeschäft, und da zeigte der stets ekelhaft grinsende Herr Trachtenfeld-Lissé wenig Skrupel, frei nach dem Motto: Business is business. Moralische Bedenken? Wozu!

Das Traurige daran ist: Genau diese Haltung findet man in der heimischen Politik und Wirtschaft durch die Bank. Bundespräsident Heinz Fischer äußerte sich in einem Zeitungsinterview Ende 2014 zuversichtlich, dass im Atomstreit mit dem Iran bald eine Lösung gefunden werde. Außenminister Sebastian Kurz besuchte Teheran im Frühjahr 2014 – dabei ging es unter anderem um ein näheres wirtschaftliches Zusammenrücken der beiden Länder.

Die große Gefahr eines Atomangriffs auf Israel wird gerne zur Seite geschoben. Der unerschütterliche Hass des iranischen Regimes auf den jüdischen Staat, man will ihn nicht sehen, lässt sich gerne durch den vermeintlich gemäßigteren Präsidenten Hassan Rohani beschwichtigen. Auch er will Israel auslöschen, verklausuliert diese Absicht rhetorisch jedoch. Immer wieder macht die Plattform „Stop the bomb“ darauf aufmerksam – immer wieder verhallen diese Rufe unerwidert.

Hat dieser Tatort nun etwas Bewusstsein für dieses Problem geschaffen? Vielleicht. Es wäre wünschenswert. Aber ich fürchte, am Ende ist wieder nur der Mossad in den Köpfen der Zuseher hängen geblieben, der allmächtige Mossad, der nach Gutdünken Leute umbringt – auch in Wien. Nicht sehr hilfreich. ◗

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