Die ÖBB arbeiten in einer Ausstellung in Wien ihre Vergangenheit während der Jahre des Nationalsozialismus auf: Deportationen, Kindertransporte, Widerstand. Von Reinhard Engel
Der Kontrast könnte nicht größer sein. Auf dem Portiershäuschen des modernen Bürogebäudes der ÖBB am Praterstern steht ein hölzerner Viehwaggon. Einer der Deutschen Reichsbahn, wie sie zum Sinnbild für die brutalen Deportationen von Juden, Roma und Sinti und Regimegegnern in die Konzentrationslager und Vernichtungsstätten des Dritten Reichs geworden sind. Der Waggon, den man auch durch einen düsteren Gang betreten kann, steht im Zentrum einer aktuellen Ausstellung: Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938–1945.
Diese ist von 12. Juni bis 30. September zu sehen und widmet sich einem bisher nicht beleuchteten finsteren Kapitel der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Nachdem in den letzten beiden Jahrzehnten zahlreiche Industrieunternehmen ihre NS-Vergangenheit von qualifizierten Historikern aufarbeiten ließen, haben dies nun auch die ÖBB unternommen.
Der Wiener Historiker Oliver Rathkolb, der selbst bereits ähnliche Arbeiten für österreichische Konzerne – etwa für die Voestalpine – geleistet hat, gesteht zwar als wissenschaftlicher Berater der ÖBB ein, dass diese damit im Vergleich zur Deutschen Bahn später dran seien. Er betont aber, dass die Initiative von den ÖBB selbst gekommen sei: „Sehr positiv festzuhalten ist dabei, dass dieses Projekt nicht aus irgendwelchen juristischen Zwängen wie den Sammelklagen in den frühen 2000er-Jahren gegen deutsche, österreichische und französische Unternehmen entstanden ist, sondern einen grundsätzlichen Beitrag zur innerbetrieblichen Beschäftigung mit der NS-Geschichte des eigenen Unternehmens darstellt.“