Bei ihr dreht sich alles um Musik

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Elisabetta Hartl © hartl
Elisabetta Hartl © hartl

Sie war von klein auf in der Welt der Klassik zu Hause: Der Vater vertrat mit seiner internationalen Künstleragentur so klingende Namen wie Luciano Pavarotti, Mirella Freni oder Friedrich Gulda und Heinrich Schiff. Die Zeiten haben sich geändert, aber sie weiß mit der Zeit zu gehen: Elisabetta Hartl sieht sich nicht mehr als Agentin, sondern als Managerin der Künstler, die sie vertritt.
Von Alexia Weiss

Im Moment ist unsere Branche ein bisschen am Untergehen, die Klassik insgesamt und die Opernlandschaft im Besonderen“, zeichnet Elisabetta Hartl ein düsteres Bild. In Italien, ihrer zweiten Heimat, ist ihre Mutter doch Italienerin und Hartl daher zweisprachig aufgewachsen, sei die Kultur überhaupt von der Politik „an die Wand gedrängt und für nicht wichtig befunden worden“. Langfristig planen könnten nur mehr das Nationalorchester in Rom und die Mailänder Scala. Damit schwinde auch das Publikumsinteresse. „Wenn es in einem Traditionstheater wie in Bologna nur mehr Opernproduktionen mit Studenten gibt, ist klar, dass das erfahrene Opernliebhaber nicht interessiert.“

In Spanien wiederum gebe es noch ein Publikum, aber die Klassikszene sei finanziell völlig am Sand. Weltweit würden ständig die Gagen reduziert, es werde weniger gespielt, „und in Amerika sperren die Opernhäuser zum Teil einfach zu.“ In Österreich sehe es noch ganz in Ordnung aus, „aber das reicht nicht für einen großen Agenturbetrieb. Man kann hier nicht 40 Künstler unterbringen, sodass man davon leben könnte.“

Wachsende Konkurrenz.

Das Thema Geld: Hier manifestiert sich der große Wandel der Branche von den 1970er-Jahren, als ihr Vater die Agentur aufbaute, bis heute. „Früher gab es immer Geld. Da gab es Produktionen, da haben die Veranstalter im Büro angerufen und gesagt, ‚wir spielen die Bohème, geh, macht’s uns eine schöne Besetzung.‘ Und das war vielerorts so.“ Heute gebe es das gar nicht mehr. Die Telefone läuten kaum. „Heute kommen eher die Agenturen zu den Veranstaltern und nicht umgekehrt.“

Größer geworden sei auch die Konkurrenz. Es gebe mehr Agenturen, vor allem aber viel mehr Künstler. „Während sich die Künstler früher auch gegenseitig förderten, stehen sie heute in einem gnadenlosen Konkurrenzverhältnis. Ein Herbert von Karajan oder ein Leonard Bernstein ließen eine Menge Sänger mit sich groß werden. Heute gibt es keinen Dirigenten, der die Zeit hat, sich mit Sängern ernsthaft zu beschäftigen.“

„Heute kommen eher die Agenturen zu den Veranstaltern und nicht umgekehrt.“

Die Vergangenheit sei sicher schillernder, räumt Hartl ein. Sie klagt aber nicht über die Gegenwart. Sie verstehe sich heute eben als Managerin der Künstler, vorwiegend Sänger, die sie vertritt. Dabei gehe die Beschaffung von Engagements mit einer strategischen Karriereplanung, -beratung und -begleitung über zu singende oder besser noch nicht zu singende Partien einher, bis hin zum Einsatz von Spezialcoaches oder Lehrern.

Produktionen anbieten.

Mit Medea Production hat sie zudem ein Standbein geschaffen, mit dem sie Veranstaltern fertige Produktionen anbieten kann. Dabei werden Programme rund um einen Künstler gestaltet, wie zum Beispiel das Tangokonzert Rojotango mit Starbariton Erwin Schrott. Hier treffe Klassik auf Tango, was einerseits die musikalische Heimat Schrotts widerspiegle, andererseits ein größeres Publikum anspreche. Beliebt sind auch die Filmmusik in Concert– sowie die Disney in Concert-Galas, die Hartl inzwischen europaweit anbietet. Gezeigt werden dabei Filmausschnitte, die Musik kommt allerdings nicht vom Band, sondern wird von einem Symphonieorchester gespielt. Andere prominente Künstler, die Hartl neben Schrott heute vertritt, sind etwa Annette Dasch, Johan Botha oder Bertrand de Billy. Und ihre Agentur managt die Wiener Sängerknaben.

Reisen steht dabei auf der Tagesordnung, denn die vertretenen Künstler treten weltweit auf. Früher, bevor sie Mutter geworden sei, sei sie allerdings viel mehr unterwegs gewesen, erzählt Hartl. Außerdem müsse man heute auch genau aufs Budget schauen. Eine Agentur könne es sich nicht mehr leisten, alle Künstler zu jeder Premiere zu begleiten. „Das verstehen die Künstler aber auch.“ So wird die Reisetätigkeit aller Mitarbeiter strategisch geplant; auch in Asien ist man derzeit dabei, Fuß zu fassen. Hartl ist es zudem wichtig, dass alle Mitarbeiter alle Künstler betreuen, sodass die Künstler immer einen Ansprechpartner haben, wenn sie etwas brauchen.

Networking.

Bewerbungen, um vertreten zu werden, erhält die Agentur täglich mehrere. „Wir hören uns dann auch alles an“, betont Hartl. Wahrscheinlicher sei es aber, unter Vertrag genommen zu werden, wenn ein bereits betreuter Künstler auf einen Kollegen, eine Kollegin bei einer aktuellen Produktion hinweist. Networking wird also auch in dieser Branche groß geschrieben.

„Ich liebe Puccini, Verdi und Mahler, deren emotionsreiche Musik entspricht am ehesten meinem Wesen und Temperament.“
Elisabetta Hartl

Privat fühlt sich Hartl bei Puccini, Verdi, Mahler am wohlsten. „Deren emotionsreiche Musik entspricht am ehesten meinem Wesen und Temperament.“ Hier komme ihre italienische Seite zum Vorschein, sagt sie schmunzelnd. Ihre jüdische Seite lebt sie erst seit etwa zehn Jahren, damals ist sie auch in die Kultusgemeinde eingetreten. In ihrer Kindheit war das Judentum der Familie kein Thema – das fiel eher in die Kategorie „wir sprechen nicht darüber und stellen auch keine Fragen“. Ihrem Sohn will sie nun mehr vermitteln. Er besucht heuer die erste Klasse der Zwi-Perez-Chajes-Schule.

Sie selbst habe sich nirgends wirklich zu Hause gefühlt. Was ihr an der jüdischen Gemeinde gefällt, ist, dass man miteinander aufwächst „und sein Leben lang Freund oder Feind, aber im Wesentlichen befreundet ist. Das ist einer der Hauptgründe, warum mein Sohn auf der ZPC-Schule ist.“

Zur Person

Elisabetta Hartl, geboren1975 in Wien, aufgewachsen und Matura in Klosterneuburg, danach Managementausbildung in Wien. Während des Studiums Praxis u. a. bei den Bregenzer Festspielen, 1997 Einstieg in den väterlichen Betrieb Austroconcert International. Seit 2003 Geschäftsführerin sowohl der IAAC Italartist Austroconcert Kulturmanagement GmbH sowie der Medea Production GmbH.
Von 2004 bis 2008 zudem Kulturberaterin von Frank Stronach. Seit diesem Jahr ist sie Vorsitzende der Kulturkommission der IKG. Hartl lebt mit ihrem Partner in Wien und ist Mutter eines Sohnes.

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