Benzin in den Adern

Jüdische Talente werden vor allem in der Medizin, in der Literatur, in der Philosophie und in der Finanzwelt erinnert. Doch es gibt auch eine Reihe von großen Männern, die die Automobilgeschichte prägten.

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Der Zitronenmann und seine Fabriken

André Citroën – einer der wichtigsten Innovatoren der europäischen Automobilindustrie

André Citroëns (1878–1935) Kreationen, darunter der „Traction Avant“, waren stets am Stand der Zeit. Dennoch brachten sie ihrem Erfinder nicht das erhoffte Glück. © Roger Viollet/picturedesk.com; US Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Der Traction Avant war 1934 auf der Höhe der Zeit und vereinte einige Innovationen: Vorderradantrieb, selbsttragende Karosserie, Einzelradaufhängung, Vierzylindermotor mit Lagern, die die Vibrationen niedrig hielten. André Citroën, der Pariser Industrielle, in dessen Fabriken der Mittelklassewagen gebaut wurde, argumentierte als geübter Marketing-Mann für den ungewohnten Antrieb: „Pferde schieben ja die Kutschen auch nicht an, sondern ziehen sie.“ Wegen der guten Straßenlage nutzten auch Verbrecher den Traction gerne als Fluchtfahrzeug, daher erhielt er den Spitznamen „Gangster-Limousine“.

Dem Unternehmer Citroën sollte das Auto trotz dessen technischer Finessen kein Glück bringen. Sein mächtiges Unternehmen – mit mehren Fabriken und internationalen Tochterfirmen – war schon länger finanziell angeschlagen. Die hohen Entwicklungskosten des Traction gaben ihm den Rest. Citroën musste Insolvenz anmelden, gerettet wurde die Firma von einem Zulieferer und Aktionär, dem Reifenhersteller Michelin. Der Gründer starb ein Jahr später an Magenkrebs. Damit verlor Frankreich einen seiner innovativsten Techniker und Industriellen. Seine Stärke hatte nicht im Anmelden einzelner neuer Patente bestanden, sondern im Erkennen technischer Trends und im Umsetzen dieser auf eine großindustrielle Ebene.

Citroën wurde 1878 in Paris geboren, sein Vater Lévi Bernard, ein belgischer Juwelier, war wenige Jahre zuvor aus Amsterdam nach Paris übersiedelt, seine Mutter Amelia Kleinmann stammte aus Polen. Den Namen Citroën verdankte er indirekt Napoleon. Dieser ließ mit der Besetzung der Niederlande den dort lebenden Juden erstmals Familiennamen vorschreiben, und Citroëns Ur-Ur-Ur-Großvater Roelof nannte sich als Obsthändler nach seiner Profession Limonenmann. Dann änderten seine Kinder das in Citron, bis es schließlich einige Generationen später in Frankreich zu Citroën wurde.

Der junge André zeigte sich technisch interessiert, Jules Verne und Gustav Eiffel waren seine Vorbilder, und er konnte wegen seiner guten Noten die angesehene École polytechnique besuchen. Anschließend trat er als technischer Offizier in die Armee ein. Auf einer Reise nach Polen – auf den Spuren der mütterlichen Vorfahren – entdeckte er in einer Werkstatt die Pfeilverzahnung, die für Getriebe ruhigen Lauf und gute Kraftübertragung gewährleistet. Citroën erwarb ein Patent und gründete 1908 mit zwei Partnern und einem Financier eine Fabrik zur Herstellung von Getrieben in Paris. Der zweifache Winkel derartiger Zahnräder – „Le double Chevron“ – wurde das Markenzeichen, später auch von seinen Autos.

Die Getriebeproduktion war erfolgreich, Citroën engagierte sich auch erstmals als Ingenieur und Manager bei einer kleineren Autoproduktion, die er deutlich ausbaute. 1912 besuchte er in den USA die Ford-Werke. Von dort brachte er später als Erster die moderne Fließbandfertigung nach Europa.

Zunächst aber musste er in den Krieg ziehen. Als er die verheerende Munitionsknappheit an der Front sah, schlug er seinen Vorgesetzten vor, eine Geschossfabrik aufzubauen. Das tat er auch innerhalb weniger Monate, und bei Kriegsende arbeiteten dort 13.000 Menschen.

1919 gab es dann freilich keinen Bedarf mehr an so vielen Granaten, und Citroën konvertierte seine Fabrik zu einer Automobilproduktion, eben nach Ford’schem Vorbild. Mit seinem ersten Modell unterbot er den bis dahin billigsten Preis für ein Auto in Frankreich um die Hälfte, innerhalb weniger Jahre wurde er zeitweise zum größten Autoindustriellen des Kontinents.

Die Marke Citroën, die Michelin gerettet hatte, wurde Mitte der 1970er-Jahre von Peugeot übernommen, seit 2021 gehören unter dem Dach von Stellantis als Schwesterfirmen noch DS, Fiat, Alfa Romeo, Lancia, Chrysler sowie Opel zur Gruppe.


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Der kreative Außenseiter

Siegfried Marcus – meldete über 130 Patente an und fuhr mit seinem Marcus-Wages nächtens durch Mariahilf.

Siegfried Marcus (1831–1898): Von Wien
aus entwickelte der Erfinder Prototypen und
Patente von Weltrang. © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Er musste seine Testfahrten in der Nacht machen. Und dann wurden sie doch behördlich verboten – wegen des Lärms. Siegfried Marcus betrieb ab 1856 auf der Wiener Mariahilfer Straße und später auch in der Mondscheingasse ums Eck ein Entwicklungs- und Konstruktionsbüro. Dort baute er mit seinen Mitarbeitern unter anderem Telegrafenapparate, elektrische Beleuchtungskörper und Lampen, die mit Gas, Alkohol oder Benzin befeuert waren. Auch im Rüstungsgeschäft war er tätig. Seine Firma entwickelte etwa elektrische Zünder.

Die Testfahrten galten aber seinen Motorwagen. Es begann mit einem ganz primitiven ungelenken Handkarren, doch schon sein zweiter Marcus-Wagen, der einer von Pferden gezogenen Kutsche ähnelte, konnte mit Neuerungen aufwarten: Der Viertaktmotor verfügte über einen komplexen Vergaser und eine Magnetzündung. Worüber sich die Technikhistoriker lange uneins waren, das betraf den Zeitpunkt seines Prototypen. Dabei geht es darum, wer mit dem Automobil früher dran war: Carl Benz oder Siegfried Marcus.

Angeblich fuhr sein zweiter Wagen schon im Jahr 1875, doch heute geht man eher davon aus, dass das deutlich später war, 1889, und damit kurz nach jenem Auto, das Benz 1886 zum Patent angemeldet hatte. Was Motorenpatente angeht, so legte sich Marcus nicht mit dem als streitbar bekannten Nicolaus Otto von Deutz an, jene von Marcus betrafen nie den gesamten Motor, sondern bloß Baugruppen wie die Zündung.

 

„Als überzeugter Einzelerfinder hatte Marcus kein industrielles
Unternehmen gegründet, wodurch er in der 
späteren
Industriewelt ein Außenseiter war und blieb.“
Alfred Buberl

 

Warum sich Marcus in der technikaffinen Öffentlichkeit nicht wirklich durchsetzen konnte, beschreibt der Wiener Kfz-Ingenieur und langjährige Motor-Journalist Alfred Buberl so: „Als überzeugter Einzelerfinder hatte Marcus kein industrielles Unternehmen gegründet, wodurch er in der späteren Industriewelt ein Außenseiter war und blieb.“ So ließ er die meisten Bauteile bei spezialisierten Werkstätten, etwa in Böhmen oder Mähren, fertigen. Überdies wurden im Dritten Reich „aufgrund seiner jüdischen Herkunft erstmals wichtige Unterlagen aus Museen und Sammlungen entfernt“.

Marcus bekannte sich zwar in Wien zum Protestantismus, wurde allerdings 1831 im mecklenburgischen Malchin als Sohn des Kaufmanns Liepmann Marcus und dessen Frau Rosa geboren. Der Vater war im Vorstand der dortigen jüdischen Gemeinde aktiv.

Siegfried absolvierte in seiner Geburtsstadt eine Mechanikerlehre und zog dann über Hamburg nach Berlin, wo er angeblich bei Siemens und Halske Beschäftigung fand. 1852 übersiedelte Marcus nach Wien, möglicherweise, um in Preußen nicht zum Militär eingezogen zu werden. Hier arbeitete er erst in der Mechanikerwerkstatt Kraft, dann als Laborant und Mechaniker am k. k. Physikalischen Institut und an der Geologischen Reichsanstalt, ehe er sich selbstständig machte. Insgesamt meldete er mehr als 130 Patente an und wurde mehrfach ausgezeichnet. Marcus starb 1898 in Wien.


Adolf Rosenberger (1900–1967): Rennfahrer, Porsche-Gesellschafter, Entwickler. © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Der rasende Unbekannte hinter Porsche/ Piëch

Adolf Rosenberger musste 1938 in die USA flüchten und wurde für seine Firmenanteile nach Kriegsende kaum entschädigt

Adolf Rosenberger stammte aus einer wohlhabenden assimilierten jüdischen Familie in Pforzheim. Im Ersten Weltkrieg diente er in der Fliegertruppe, danach wurde er erfolgreicher Autorennfahrer, mit zahlreichen Siegen, allerdings auch einem schweren Unfall.

1930 wurde Rosenberger Zehn-Prozent-Teilhaber und kaufmännischer Geschäftsführer des neu gegründeten Stuttgarter Konstruktionsbüros von Ferdinand Porsche und dessen Schwiegersohn, dem Wiener Anwalt Anton Piëch. Rosenberger organisierte für das junge Unternehmen auch noch einen persönlichen Kredit und weitere Gelder aus seiner Familie.

1933 schied er aus dem Unternehmen aus und übertrug seine Anteile zum Nominalwert an Ferry Porsche. Später schrieb er, er unterstelle seinen Partnern keinen persönlichen Antisemitismus, dennoch habe man ihn als Juden billig los werden wollen. Rosenberger wurde 1935 ins KZ Kislau interniert, kam aber über Interventionen eines Freundes wieder frei und emigrierte zunächst nach Paris und dann in die USA. Er änderte seinen Namen in Alan Arthur Robert und wurde US-Staatsbürger.

Nach dem Krieg forderte Rosenberger für seinen Firmenanteil und den Kredit eine Entschädigung von 200.000 DM. Man einigte sich auf 50.000 DM und ein Auto. Rosenberger starb 1967 in den USA.


Max Grabowsky (1874–1946, li.) gründete mit Bruder Morris die Rapid Motor Vehicle Company © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Die großen Grabowskys

GMC wird zwar mit General Motors identifiziert, die Abkürzung geht jedoch auf die Firmengründer Max und Morris Grabowsky zurück. 

William Durant baute seinen General-Motors-Konzern aus mehreren Firmen zusammen. Er begann mit Buick, dann kaufte er die Luxusmarke Cadillac dazu. Und um Henry Ford auch im Geschäft mit Transportern Konkurrenz machen zu können, übernahm er noch zusätzlich GMC.

Auch wenn man später GMC mit der General Motors Truck Company identifizierte, so stand das G doch zunächst für den Anfangsbuchstaben der Gründer: die beiden Juden Max und Morris Grabowsky aus Detroit. Über ihr erstes Transportfahrzeug weiß man nichts mehr; das zweite verkauften sie im Jahr 1902 an die American Garment Cleaning Company of Detroit. Bald wurde aus ihrer Grabowsky Motor Company (GMC) die Rapid Motor Vehicle Company.

Ihre LKWs und Busse hatten einen Zweizylinder-Boxer-Motor und ein Zweiganggetriebe. Der Werbeslogan lautete, dass damit der Transport schneller sowie kostengünstiger werde als mit Pferdefuhrwerken. Auch elektrisch angetriebene LKWs hatte Rapid im Programm. 1904 verkaufte das Unternehmen mehrere hundert Transporter, zunächst mit einer Tonne Gewicht, Zwei- und Dreitonner folgten.

Als Durant das Unternehmen 1909 übernahm, hatten die Grabowskys die Firma schon an einen anderen Unternehmer verkauft – nicht ohne selbst wieder eine LKW-Produktion aufzuziehen. Diese ging allerdings 1912 in Konkurs.


Schauspielstar Trude Hesterberg 1928 vor einem „Tropfenwagen“ von Edmund Rumpler (1872–1940). © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Das Flugzeug auf Rädern 

Mit seinem Tropfenwagen zeigte der Wiener Edmund Rumpler bereits 1921, was Aerodynamik für Automobile leisten kann.

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Die Ingenieure bei Volkswagen wollten es wissen. Sie testeten 1979 den fischförmigen Tropfenwagen aus dem Jahr 1921 im Windkanal, und das Ergebnis überraschte: Den Widerstandswert von 28 erreichten damals nur wenige moderne Autos.

Edmund Rumpler, der Schöpfer des eigenwilligen Fahrzeugs, wusste freilich, was er tat. Er hatte lange für die Flugzeugindustrie gearbeitet und war daher in Sachen Strömungslehre firm. Rumpler wurde 1872 in Wien geboren, sein Vater Adolf Aaron stammte aus Mähren, die Mutter Regine aus Prag. Edmund besuchte in Wien das Realgymnasium und studierte an der Technischen Hochschule Wien, der heutigen TU, Maschinenbau und Elektrotechnik.

Seine beruflichen Stationen führten ihn zunächst zum Waggonbau nach Mähren, dann zur Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) in Berlin. 1908 war er bereits zum Luftfahrzeugbau gewechselt. Im Ersten Weltkrieg fertigte er in seiner Rumpler AG Militärflugzeuge, insgesamt erreichte die Produktion 3.000 Stück.

Doch nach dem Krieg war das in Deutschland nicht mehr erlaubt, und Rumpler wandte sich dem Automobil zu. Sein Tropfenwagen war zwar technologisch fortschrittlich, sollte aber kein wirtschaftlicher Erfolg werden.

Unter den Nazis wurde Rumpler enteignet und starb 1940 an einem Herzinfarkt.


Lucien Rosengart (1881–1976) hatte in den besten Jahren des Unternehmens über 6.000 Beschäftigte und legte über 130 Patente vor, ehe er sich gänzlich aus der Branche zurückzog und seine letzten Lebensjahre in Südfrankreich als Maler verbrachte. © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Schrauben und Cabrios 

Lucien Rosengart arbeitete für Citroën, ehe er seine eigene kleine Autofabrik in Paris etablierte.

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Begonnen hat er mit Schauben, Muttern und Beilagscheiben. Seine rostfreien Holzschrauben für die Pariser U-Bahn machten ihn wohlhabend und ermöglichten ihm eigene Investitionen. Lucien Rosengart, Sohn eines polnischen Juden und einer Elsässer Jüdin, wurde 1881 in Paris geboren. Im Ersten Weltkrieg erzeugte er Zünder für Artilleriegeschosse – im Auftrag von André Citroën. Ihm sollte er später – und auch Robert Peugeot – bei der Sanierung ihrer in Schwierigkeiten gekommenen Fabriken beistehen.

Doch dann machte sich Rosengart als Automobil-Hersteller selbstständig. Die Marktnische, die er erkannte, waren kleine Autos, damals noch eher selten. Erst fertigte er nach Lizenzen von Engländern, die „Austin Seven“- Kopien nannte er „Rosengart LR2“; dann tat er sich mit den deutschen Adlerwerken in Frankfurt zusammen und baute nach deren Plänen Automobile mit Frontantrieb. Sein „Super Traction 1938“ enthielt dann zahlreiche Teile von Citroën, etwa den Motor.

Rosengart musste als Jude vor den Deutschen fliehen, diese zerstörten seine Werkshallen. Er überlebte den Krieg unter falschem Namen in Südfrankreich. Danach fertigte er wieder Autos, aber mittlerweile hatten die großen Fabrikanten selbst Kleinwagen in ihrem Programm und er scheiterte.


Der „Studebaker Commander“ für das Jahr 1950 des französischen Industriedesigners Raymond Loewy (1893–1986). © Reinhard Engel; akg-images/picturedesk.com; OeNB-Bildarchiv/picturedesk.com

Designer, Händler, Industrielle

Jewish Car Guys beschränken sich nicht bloß auf Technisches. Sie waren und sind auch in anderen Bereichen.

Design:
Raymond Fernand Loewy wurde 1893 in Paris als Sohn eines Wiener Journalisten geboren. Er übersiedelte 1919 in die USA und wollte ursprünglich für General Electric arbeiten, landete aber als Modezeichner bei einem New Yorker Magazin. Von dort wechselte er ins Industriedesign, war eine Zeit lang Art Director bei der Westinghouse Electric Company, und als er sich als Designer selbstständig gemacht hatte, entwarf er unter anderem Autos für Studebaker.

Albrecht Graf von Görtz wurde 1914 als Sohn eines niedersächsischen Adeligen und einer jüdischen Mutter geboren. Zuerst Bankkaufmann, emigrierte er 1936 in die USA, wo er nach Gelegenheitsjobs in Kalifornien ein Designstudio in New York eröffnete. Zu seinen berühmtesten Entwürfen zählen die beiden BMW-Cabrios 507 und 503.

Handel:
Maximilian Edwin Hoffmann, später Hoffman, wurde 1904 als Sohn eines jüdischen Vaters und einer katholischen Mutter in Wien geboren. In seiner Jugend fuhr er Motorradrennen, 1938 floh er über Portugal in die USA. Nach einem Zwischenspiel mit dem Vertrieb von Modeschmuck wurde er Autogroßhändler, erst für englische Marken wie Jaguar oder Bentley, später belieferte er die Ostküste mit Porsche- und Mercedes-Sportwagen, dann auch mit Fiats und Alfa Romeos.

Im Wien der Nachkriegszeit war unter anderen Hans Heller als Importeur von Triumph-Cabrios aus dem British Leyland-Konzern aktiv. Erich Glaser betrieb einen Showroom und eine Werkstätte für Rover.

Heute ist in den USA Mark Hyman in St. Louis einer der größten Oldtimer-Händler. Er hatte als Wirtschaftsstudent durch Zufall ein französisches Luxusauto der Marke Facel Vega erworben und profitabel weiterverkauft. Dann blieb er bei dem Geschäft, heute präsentiert seine Inventory-Seite etwa 200 Schönheiten, von Alfa Romeos aus den 1930er-Jahren über seltene Chrysler Turbinen-Autos, klassische Mercedes-Cabrios bis zu Bugattis, Jaguars, Packards und Cadillacs.

Hyman besorgt unter anderem seinen amerikanischen Kunden gut erhaltene Oldtimer aus Europa. Dabei hat er auch schon mehrmals mit Jackob Barnea zusammengearbeitet. Dieser, ein israelischer Arzt, betreibt in Wien einen Oldtimer-Handel und Verleih, etwa für Hochzeiten, Firmenfeiern oder Filme. An Sonntagen ist in Gramatneusiedl sein Oldtimer-Museum geöffnet.

Jackob Barnea (* 1946) in seinem Wiener Autovermietungsparadies „Oldtimer exklusiv“. © Roger Viollet/picturedesk.com; US-Information Service/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com; Wikipedia (Agence de presse Mondial Photo-Presse); akg-images/picturedesk.com

Industrie:
Camillo Castiglioni
wurde 1879 als Sohn eines Rabbiners in Triest geboren. Er machte als Investor, Spekulant und Industrieller eine märchenhafte Karriere. Zunächst Vertreter der Continentale Gummifabrik in Istanbul, arbeitete er sich zum kaufmännischen Direktor hinauf, schließlich wurde er Generaldirektor der Österreichisch-Amerikanischen Gummifabrik in Wien.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg wandte sich Castiglioni der Flugzeugbranche zu, gründete eine Reihe von einschlägigen Fabriken in Österreich, Ungarn und Deutschland und wurde zum wichtigen Lieferanten für die deutsche und österreichische Armee.

Nach dem Krieg gründete er die BMW AG, erweiterte den reinen Motorenbauer zum Produzenten erster Motorräder und Automobile. 1929 verkaufte er seine Anteile wieder. Zu weiteren seiner Unternehmensbeteiligungen in der Automobilbranche gehörten unter anderem die drei wichtigsten österreichischen Automobilhersteller, Austro-Daimler in Wiener Neustadt, Austro-Fiat in Wien sowie die Puch-Werke in Graz. Aber auch diese Anteile stieß er wieder ab.

Castiglioni war kurzzeitig Schlüsselaktionär beim Stahlkonzern Alpine Montan Gesellschaft, zuerst gemeinsam mit Fiat, später mit dem deutschen Industriellen Hugo Stinnes. Doch so kometenhaft Castiglioni der Aufstieg – oft mit Krediten – gelungen war, so tief war sein Fall. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg, den er in Italien überlebte, hatte sich sein Vermögen wieder aufgelöst.

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