An der Zwi-Perez-Chajes-Schule bemüht man sich seit vielen Jahren um jedes einzelne Kind. Individualisierung und die Bildung von Gemeinschaft werden groß geschrieben. Von Alexia Weiss
Es gibt Schulen, die Schüler durch Druck zur Leistung bringen. Und es gibt Schulen, die die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen – und es dennoch schaffen, dass die nötige Leistung erbracht wird. Wenn Huberta Schwarz, Leiterin der ZPC-Volksschule über ein Mädchen erzählt, das in der ersten Klasse sehr verschlossen war „und wir nicht einmal feststellen konnten, was sie kann, weil sie so schüchtern war“, und das sich inzwischen – die Schülerin besucht nun die dritte Klasse – toll entwickelt hat, „extrovertiert ist, kreativ, andere mitzieht, sich alleine vor die Klasse stellt und singt“, weiß man, was hier möglich ist. „Die Kinder fühlen sich hier einfach zu Hause“, betont die Direktorin. „Es ist alles sehr persönlich, man bemüht sich wirklich um jedes einzelne Kind. Die Individualisierung ist sehr stark fortgeschritten. Es passieren sehr viele Dinge bei uns, die anderswo noch nicht selbstverständlich sind.“
Individualisierung
Das bedeutet: Selbst wenn es in einer Klasse sowohl sehr schwache als auch extrem begabte Kinder gibt, werden alle so gefördert und gefordert, wie sie es brauchen. Jeder bekommt jene Aufgaben, die seinem momentanen Können entsprechen. Und wenn in einer vierten Klasse die einen noch am Textverständnis arbeiten, werken andere bereits an einem kleinen Theaterstück. „Was uns aber wichtig ist: Die Starken helfen den Schwächeren, das schafft eine Atmosphäre des Miteinander.“ Dazu tragen auch einmal monatlich zu Rosch Chodesch vergebene Trophäen bei – Wanderpokale, mit welchen Kinder ausgezeichnet werden, die Zivilcourage gezeigt, anderen geholfen, mitgedacht haben. „Öffentlich wird dann vorgelesen, warum ein Kind in diesem Monat die Auszeichnung bekommen hat. Das wird auch auf eine Pinnwand geschrieben und die Kinder sind sehr stolz.“ Hier werden nicht nur die gescheiten Kinder für ihre Leistungen belohnt, hier geht es um das Miteinander und das Hochhalten von Werten.
Anders als in der AHS können in der ZPC-Schule auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf betreut werden. „Der Anspruch ist, dass alle Kinder der Gemeinde die Volksschule bei uns absolvieren können“, betont Schwarz. Mädchen und Buben mit schweren Sinnesbehinderungen könne man leider nicht betreuen, „aber es muss möglich sein, ein lernbehindertes Kind zu unterrichten“.
Von akademischer Seite gilt es für die Kinder, einiges zu lernen: Anders als in anderen Wiener Volksschulen gibt es mit Hebräisch von Anfang an eine weitere Sprache, die in Wort und Schrift gelernt werden muss. Und auch die Stundentafel ist durch die jüdischen Fächer umfangreicher als für Gleichaltrige, sodass es an einigen Tagen nach dem Mittagessen mit dem Unterricht weitergeht. Bewährt hat sich nach Ansicht Schwarz’ das Modell der Offenen Schule, ein Ganztagsangebot, bei dem der Unterricht dennoch nicht verschränkt, sondern großteils vormittags stattfindet – aber Übungseinheiten (ansonsten die klassische Hausübung) an der Schule absolviert werden.
Und die Schattenseiten an der ZPC? „An unserer Schule ist vieles besonders – unter anderem, dass man an unserer Schule besonders viel redet. Das ist eine gewisse Herausforderung. Da kann man nicht alles im Griff haben. Alle kennen einander untereinander, alle wissen alles und kleine Vorfälle werden mit der Stillen Post aufgeblasen. So wird aus einem Kind, das einmal einen Mitschüler geschubst hat, ein schwer verhaltensauffälliger Schüler. Und natürlich ist es eine Tendenz des Menschen, weniger über die guten Dinge und mehr über vermeintliche Probleme zu sprechen. Aber das ist eben so. Und wenn man das akzeptiert, ist es auch kein Problem mehr.“