Ein Bootshaus erinnert an Hedy Lamarr

Der Wiener Ruderverein Austria, der in der Kuchelau beheimatet ist, wurde 1904 von Hakoah-Schwimmern mitbegründet. Ein prominentes Mitglied in der Zwischenkriegszeit war Emil Kiesler, Bankdirektor des Creditanstalt-Bankvereins und Vater der späteren Schauspielerin und Erfinderin Hedy Lamarr. Er ließ 1921 das zu klein gewordene Bootshaus des Vereins vergrößern, das jedoch im zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Nun ließ der Verein ein neues Bootshaus errichten, das diesen Samstag (24. September) mit einer Feier auch offiziell seiner Funktion übergeben wird. Benannt wird es nach Hedy Lamarr.

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Bootshaus "Hedy Lamas". Foto: Studio KPH, DI Pluch Kerstin

Entworfen wurde das neue Bootshaus von Gabriele Kohlmaier, Kerstin Pluch und Dorothee Huber. Die drei jungen Frauen haben Architektur studiert und rudern zudem alle drei bei der Austria. Bei der Konzeption des Gebäudes sei es ihnen darum gegangen, dass sich das Bootshaus einerseits gut in die umliegenden Kleingartenhäuser einfügt und andererseits der zur Verfügung stehende Platz bestmöglich ausgenutzt wird, so Kohlmaier und Huber. An die 50 Boote werden darin heute gelagert, das längste, ein Achtsitzer, ist 18 Meter lang. Hier brauchte es daher eine entsprechend lange Halle – 22 Meter lang ist sie schließlich geworden.

Bootshaus „Hedy Lamarr“. Foto: Studio KPH, DI Pluch Kerstin

Um den Baukörper zwischen den kleinen Häuschen rundherum nicht wie einen Dinosaurier wirken zu lassen, entschieden sich die drei Ruderinnen daher für eine Gliederung durch zwei Bauvolumina in unterschiedlichen Positionierungen, wie es Huber formuliert. Ästhetisch stechen die beiden vorrangig verwendeten Materialien ins Auge: Holz zum einen, in Rot gehaltenes Welleneternit für das tief nach unten gezogene Dach andererseits, wie Pluch erklärt.

Das von Kiesler gesponserte Gebäude, das ab 1921 an diesem Platz stand, galt damals als das größte und bestausgestattete Klubhaus von Wien, wird auf der Homepage des Vereins stolz festgehalten. Man schließt also hier rund 100 Jahre später an die Geschichte von damals an. So kam man auch auf die Idee, das neue Bootshaus nach Hedy Lamarr zu benennen, so die heutige stellvertretende Obfrau des Rudervereins, Nadja Hahn. Auch wenn nicht belegt ist, dass sie selbst je in einem Ruderboot saß, fühlte sie sich offenbar dennoch im Verein zu Hause, in dem ihr Vater sehr engagiert war. Florian Seebohm, von 2008 bis 2018 Präsident des Vereins und heute 84 Jahre alt, erinnert sich, dass Lamarr 1956 den Verein gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann besuchte und mit einem Scheck in Höhe von 5.000 Schilling bedachte.

Dass der Ruderverein Austria jüdische Mitglieder hatte, war auch schon in der Zwischenkriegszeit nicht selbstverständlich. Viele Sportvereine, vor allem aber Turner und Ruderer, seien sehr nationalistisch eingestellt gewesen, so Seebohm. Bei der Austria dagegen „wurde faktisch jeder aufgenommen, der nicht rechtsnational war“. Das bekam dem Klub 1938 nicht gut. Er wurde enteignet und von der SS übernommen. Als die russische Armee 1945 einmarschierte, waren die Klubhäuser allerdings im Weg. „Sie haben alles niedergebrannt, weil sie für die Artillerie freie Bahn haben wollten“, erzählt Seebohm. Danach stellten sie an die Stelle der früheren Boots- und Klubhäuser Militärbarracken.

Als frühere Vereinsmitglieder 1947 nach Wien zurückkehrten und das Rudernn wieder aufnahmen, nutzten sie diese Barracken auch zur Lagerung der Boote. Erst 1990 wurde eine der Barracken durch ein neues Klubhaus ersetzt und dann weitergespart, um eben auch das Bootshaus neu zu errichten. 200.000 Euro konnte der Verein ab Mitte der 1990er Jahre durch Klubregatten und andere Events hereinbringen, die Gemeinde Wien steuerte zudem 110.000 Euro bei. 2020 konnte die neue Bootshalle schließlich errichtet werden – doch Covid-bedingt entfiel eine offizielle Eröffnung. Diesen Samstag ist es aber nun so weit.

Der Verein möchte mit der Benennung der neuen Halle seiner jüdischen Gründer gedenken sowie der Pionierin Hedy Lamarr und ihrer Familie. Dass nun drei Frauen eine Bootshalle bauen und sie auch einer Frau widmen, die dem Sport schon lange verbunden gewesen sei, sei im lange sehr männlich geprägten Rudersport auch eine schöne Symbolik, betont Hahn. Die Zeiten ändern sich – heute sind Frauen im Ruderverein Austria sehr stark vertreten und erstmals hat der Verein mit Hahn und Veronika Ebert auch zwei Obfrauen. An der Gleichenfeier habe übrigens auch Lamarrs Sohn teilgenommen, erzählt Hahn. Er habe sich sehr über dieses Erinnern an seine Mutter sehr gefreut.

ruderverein-austria.at

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