In jenen Orten Oberösterreichs, in die sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs sowie nach der Teilung in eine US- und eine Sowjetbesatzungszone des Bundeslandes vermehrt Nationalsozialisten geflüchtet hatten, gibt es bis heute bessere Wahlergebnisse für die FPÖ als in anderen Teilen des Landes. Das zeigt eine Studie des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in München.
Die US-Besatzung schien überzeugten Nationalsozialisten eine bessere Option als eine sowjetische. Als sich das Ende des Krieges abzeichnete, waren bereits Besatzungspläne bekannt, denen zu Folge amerikanische Truppen in Oberösterreich stationiert werden sollten. So machten sich Teile der NS-Armee auf den Weg in das nördliche Bundesland. Als Oberösterreich im Sommer 1945 schließlich in eine US- und eine Sowjetbesatzungszone geteilt wurden, flüchteten abermals Nationalsozialisten in jene Orte, die von der US-Armee kontrolliert wurden.
In Familien mit NS-Vergangenheit wird also heute öfter FPÖ gewählt als in Familien ohne solch starke Affinität zu den Nationalsozialisten zwischen 1938 und 1945.
Vergleicht man die beiden Teile Oberösterreichs im Jahr 1947, ergibt sich laut den Studienautoren Christian Ochsner und Felix Rösel folgendes Bild: In der Sowjetzone kamen auf 1.000 Einwohner 56,7 registrierte Nationalsozialisten, von denen 9,4 als Überzeugungstäter, also „Belastete“ eingestuft wurden. In der US-Zone waren es 86,6 Nazis, von denen 26,4 als „Belastete“ galten.
Wahlverhalten im Überblick
Sieht man sich nun das Wahlverhalten über die Jahrzehnte an, zeigt sich, dass es in jenen Orten, die nach dem Krieg einen höheren Anteil an ehemaligen Nationalsozialisten verzeichneten, konstant einen höheren Zulauf zum Verband der Unabhängigen (VdU), dem Auffangbecken für ehemalige Nationalsozialisten, sowie der aus dem VdU entstandenen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) gab und gibt. 1949 erhielt der VdU demnach in der US-Zone um zehn Prozentpunkte mehr als in der sowjetischen Besatzungszone.
2013 fuhr die FPÖ in der ehemaligen amerikanischen Zone immer noch um über sieben Prozentpunkte mehr an Wählerstimmen ein als in den früheren sowjetisch kontrollierten Gebieten Oberösterreichs. Demnach gibt es hier klare Kontinuitäten. In Familien mit NS-Vergangenheit wird also heute öfter FPÖ gewählt als in Familien ohne solch starke Affinität zu den Nationalsozialisten zwischen 1938 und 1945.
Festmachen lässt sich die braun-blaue Kontinuität auch an Familiennamen. Ochsner und Rösel haben die Namen von 17.000 Kandidaten zu den Gemeinderatswahlen 2015 mit der Verteilung der Namen im Telefonbuch von 1942 verglichen. Dabei fanden sie heraus, dass FPÖ-Gemeinderatskandidaten im Jahr 2015, die in Orten antraten, die bis 1955 in die US-Besatzungszone fielen, im Vergleich zu den Kandidaten anderer Fraktionen häufiger einen Familiennamen trugen, der historisch eigentlich eher in der später sowjetisch besetzten Zone vorkam.