Chaim Saban. Erfolgreich durch Misserfolg?

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Visionärer Medienunternehmer. Entgegen anfänglicher Unkenrufe hat Chaim Saban die ProSieben-Sat. 1 Media AG wieder auf Vordermann gebracht. /© HarvardCPL

Hört man den Namen Chaim Saban, denken viele unweigerlich an seine Übernahme der KirchMedia-Gruppe im Jahr 2003, die er infolge aus einer schweren Krise führte. Über einen Unternehmer und Selfmademan mit glühender Leidenschaft fürs Fernsehen. Von Manja Altenburg

Chaim Saban lebt heute in Beverly Hills und zählt zu den reichsten Menschen der USA. Schon früh zeichnet sich auf seinem Lebensweg sein Talent zum schillernden Unternehmer ab, der er bis heute ist. Saban wurde 1944 im ägyptischen Alexandria als Kind jüdischer Eltern in ärmlichen Verhältnissen geboren. Die Familie wandert nach Israel aus, als Saban zwölf Jahre alt ist. In Tel Aviv verkauft sein Vater Büroartikel, seine Mutter arbeitet als Näherin. Saban gilt schon als kleiner Junge als aufmüpfig und vorlaut. Das ist vermutlich auch der Grund, warum seine schulische Karriere nicht lange währt. Saban wird von der Schule verwiesen.

Suche nach der Berufung

Die Begabung für seine spätere Karriere entdeckt er früh: Während seines Militärdienstes versucht Saban sich als Konzertmanager. Als jemand seine Band bucht, steht er vor einem großen Problem: Die Band existiert zwar in seinem Angebot, aber nicht in der Rea­lität. Saban macht sich zügig auf die Suche und findet schließlich die Lions. Später lernt er selbst Bassgitarre und wird Bandmitglied. Mit Coverversionen von Beatles-Songs bringen es die Lions jedoch nur zu mäßigem Erfolg. Deshalb sucht er weiter nach einer Berufung, die erfolgsversprechender zu sein scheint, und wird Konzertveranstalter in Israel. Doch erleidet er damit eine Bruchlandung. 1973 ist er nach einem Konzertflop zahlungsunfähig. Zu Sabans Stärken zählt es jedoch, sich von Misserfolgen nicht entmutigen zu lassen, sondern im Gegenteil daraus zu lernen und weiterzustreben. Darum folgt er unbeirrt seinen Visionen, die von nun an rund um das Medium Fernsehen kreisen, und zieht samt hoher Schulden im Gepäck nach Paris. Hier versucht er sich als Musikproduzent für TV-Filmmusik und verbucht seinen ersten Erfolg. Bekannt wird er weltweit durch die TV-Musik zur US-Serie Dallas.

Japanische Zeichentrickfilme

Weiterhin getrieben von noch größeren und bunteren Träumen geht er 1983 nach Los Angeles und wird Filmproduzent. Er importiert japanische Zeichentrickserien und hat damit Erfolg. Fünf Jahre später gründet er seine eigene Firma: Saban Entertainment. Während dieser Jahre pflegt er seine Leidenschaft, Soundtracks für Sendungen zu produzieren, weiter. Das macht sich – im wahrsten Sinne des Wortes – für ihn bezahlt. Eher per Zufall landet er seinen ersten Hit. Für eine japanische Zeichentrickfilmserie lässt er einen neunjährigen Jungen die Titelmelodie singen – die Single verkaufte sich 3,5 Millionen Mal. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist Saban ein äußerst wohlhabender Mann. 1986 lernt er seine zukünftige Frau Cheryl Chackler kennen, ein ehemaliges Model, das zu dieser Zeit seine Assistentin ist. Sie heiraten 1989 und haben zwei Kinder zu Chacklers zwei weiteren, die sie aus ihren ersten beiden Ehen mitbringt. Obwohl die Christin nicht zum Judentum konvertiert, halten sie den Schabbat und erziehen die Kinder jüdisch.

Antizionisten ist der amerikanisch-israelische Saban ein Dorn im Auge.

 

Während dieser Jahre gilt Saban schon als großer Medienunternehmer. Doch die Zukunft zeigt, dass seine Karriereleiter noch viele Sprossen nach oben hat. So hat er 1993 erneut einen großen Durchbruch mit den Power Rangers. Der Grund für seine Erfindung ist typisch für Saban. Er ist eben der Unternehmertyp, der sich nie von Misserfolgen entmutigen lässt, sondern sie als Chance für etwas Neues nutzt. So gründet die Serie auf seinem Fehlschlag, eine japanische Super-Sentai-Serie in die USA zu importieren. (Sentai sind japanische Fernsehserien, deren Hauptfiguren in einem Team gegen feindliche Organisationen, die meist aus Monstern bestehen, kämpfen). Die Serie findet keinen Anklang. Kurzerhand erfindet er völlig neue Folgen: Er übernimmt einige Sentai-Elemente, wie die Monster, und gibt der Serie eine neue Geschichte. Neben Power Rangers wird Sabans Firma auch durch Masked Riders und VR Troopers bekannt. Saban verfolgt noch einen weiteren Traum: Er will einen eigenen Kinderkanal etablieren. 1995 gründet er dazu mit Rupert Murdoch ein Gemeinschaftsunternehmen und geht gewinnbringend mit dem Kinderkanal Fox Kids, später Fox Family, an den Start.
Politisch motiviert

Durch die Übernahme von Anteilen der KirchMedia-Gruppe im August 2003 wird Saban plötzlich eine wichtige Gestalt in Deutschland. So gehört er von nun an zu den einflussreichsten Personen in der deutschen Medienlandschaft, auch weil er Hauptaktionär der ProSiebenSat.1 Media AG war. Viele deutsche Politiker haben eine positive Einstellung zu dieser Übernahme. Gerhard Schröder ermutigt ihn sogar zum Kauf. Doch innerhalb der Gesellschaft scheinen andere Stimmen lauter.

Krisenmanagement

Viele beäugen ihn ängstlich bis kritisch. Ihre Angst besteht darin, dass es zum ersten Mal ein Ausländer die Steuerung eines wichtigen deutschen Medienkonzerns in die Hand nimmt. Doch als er das Unternehmen aus der Krise hebt, verfliegt ihre Angst. Andere erheben, unter dem Deckmantel eben dieser Angst, jedoch ganz andere Stimmen: antijüdisch, antisemitisch und vor allem antizionistisch. Für sie ist Saban, Jude mit israelisch-amerikanischer Staatsbürgerschaft und bekennender Zionist, ein Dorn im Auge. Althergebrachte antijüdische Klischees finden auf Blogs und in der Presse Einkehr in unterschiedlichen Härtegraden. Saban hat seine politische Haltung stets offen gelebt. Bis heute ist er ein enger Freund des Ex-US-Präsidenten Bill Clinton, und in Israel sympathisiert er offen mit der Arbeiterpartei. Seine Gründung des Saban Center for Middle East Policy in Washington, das dazu dient, politische Entscheidungsträger in der Regierung mit Informationen und Analysen in Bezug auf Amerikas Außenpolitik im Nahen Osten zu versorgen, spricht für sich.

Bis August 2005 verbucht sein Medienkonzern ein gewaltiges Plus. Ein Jahr später geben er und die Investoren um ihn herum mit hohem Gewinn die Anteile an der ProSiebenSat. 1 Media AG ab. Damit zieht er sich aus dem deutschen Markt zurück. Keineswegs aber aus seiner Berufung. Ein visionärer Medienunternehmer ist er weiterhin mit Leidenschaft.

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