„Das Judentum ist ein wichtiger Teil von mir“

Sie hat in ihrer Kindheit über das Schicksal des jüdischen Teils ihrer Familie erfahren, beschäftigte sich im Zuge ihres Studiums mit der Geschichte des queeren Films in Israel, initiierte gemeinsam mit Stefan Schaden vor sechs Jahren das kultige Wiener Partyformat Kibbutz Klub und leitet seit 2016 ein neues, rasch wachsendes Projekt für in Österreich lebende Nachwuchsjournalist*innen: Die Filmwissenschaftlerin und Journalistin Ursula Raberger steckt voller Visionen und noch mehr Begeisterung. Und das überträgt sich auf jede und jeden, der mit der sympathischen Wahlwienerin aus Linz ins Gespräch kommt. Für WINA erzählen die dynamische Initiatorin und Studentin Anna Morandini über das Projekt Youth Reporter und warum es schon jetzt alle Erwartungen gesprengt hat.

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Projekt Building Bridges. Fünf Youth Reporter*innen waren letzten Herbst in Israel unterwegs. © Youth Reporter

WINA: Sie wurden 1981 in Linz geboren und sind, wie Sie selbst in einem Interview mit WINA erzählt haben, in „zwei Welten“ aufgewachsen: einer jüdischen und einer katholischen. Wie hat sich diese doppelte Prägung auf Ihren Lebensweg ausgewirkt?
Ursula Raberger: Im Grunde genommen war mir das lange Zeit nicht wirklich bewusst. Ich hab’ mir bei meiner Oma mütterlicherseits immer gedacht, dass etwas anders ist, kannte ihre Menora, ohne zu wissen, was das ist, hab’ bei ihr andere Bücher gesehen und fand die Thora faszinierend ‒ aber sie meinte nur, das sei einfach ein altes Buch von ihren Eltern. Ich habe aber auch meine katholischen Großeltern, die sehr traditionell, wenn auch in keiner Weise streng religiös gelebt haben, sehr geliebt, und es gab auch nie einen Konflikt zwischen diesen beiden Lebenswelten innerhalb der Familie und der Generationen.

Doch dann, am Ende der Volksschule, als wir begonnen haben, uns mit dem Thema Zweiter Weltkrieg zu beschäftigen, wurde meine Oma einmal in die Schule eingeladen, und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie sie in diesem Sesselkreis bei uns in der vierten Klasse saß und wie stolz ich auf sie war. Und wie sie uns Kindern ‒ und mir damals auch zum ersten Mal ‒ erzählt hat, dass sie ihren Vater rund ihre Schwester in der Schoah verloren hat. Ich denke heute, dass meine Familie nie mit uns darüber gesprochen hat, weil sie nie darüber gesprochen hatte; doch ab diesem Moment in der Schule hat sich alles total geändert. Ich hatte tausend Fragen an meine Oma, und ab diesem Zeitpunkt hat sich mein ganzes Bewusstsein natürlich total verändert.

Wie hat Ihre Großmutter die nationalsozialistische Verfolgung überlebt?
Ursula Raberger: Meine Oma ist 1940 in die Schweiz gegangen, wurde jedoch aus dem ‒ dann doch nicht so neutralen ‒ Land geworfen und ist in ihrer Verzweiflung nach Deutschland gegangen, indem sie die Zeile mit dem Glaubensbekenntnis in ihrem Pass mit Tinte übergossen hat. So konnte sie überleben, blieb unentdeckt, hat unter anderem als Kindermädchen gearbeitet und ist sofort nach Kriegsende nach Österreich zurückgekehrt, um nach ihrem Vater und ihrer Schwester zu suchen. Auf diesen Mut meiner Großmutter bin ich unglaublich stolz, dank ihres Mutes gibt es uns.

»Israel ist meine zweite Heimat. Wenn ich dort bin, fühle ich mich zuhause.«
Ursula Raberger

Wusste Ihre Großmutter schon bald um das Schicksal ihrer Angehörigen?
Ursula Raberger: Über den Tod des Vaters wusste sie schon bald, er war im Konzentrationslager Mauthausen umgebracht worden, und sie hat mir dann sehr früh schon eine Kopie einer Zeugenaussage eines Bekannten gegeben. Ich erinnere mich noch daran, dass ich später, als ich bereits studiert habe, während einer Vorlesung ein Kuvert aufgemacht habe, das mir meine Oma geschickt hatte und in dem sich eine Reihe von Unterlagen über ihre Familie befanden. Es war ihr im hohen Alter, und sie ist erst vor Kurzem im Alter von 96 Jahren gestorben, immer wichtiger geworden, sich mit ihrer Herkunft, ihrer Familie, dem Judentum und ganz stark auch mit Israel intensiv zu beschäftigen. Nur das Schicksal ihrer Schwester war lange nicht klar, und ich konnte erst spät im Zuge meiner eigenen Recherchen deren Weg von Theresienstadt nach Auschwitz recherchieren. Ich erinnere mich noch genau an das Telefonat mit meiner Oma, bei dem ich ihr diese Gewissheit überbracht habe, auf die sie so viele Jahrzehnte gewartet hatte.

Begeistert mit ihrem Enthusiasmus: die Initiatorin und Leiterin des Youth Reporter-Projektes, Ursula Raberger. © Youth Reporter

Sie haben in Wien Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Publizistik studiert, sich schon bald auf die Auseinandersetzung mit dem queeren Film in Israel spezialisiert und einige Zeit für das Tel Aviv International LGBT Film Festival gearbeitet. Welche Erfahrungen haben Sie aus Israel nach Wien mitgebracht?
Ursula Raberger: Die Erfahrungen und das Leben in Israel sind zu einem sehr wichtigen Teil in meinem Leben geworden und beeinflussen die Projekte, die ich auch heute noch mache, stark. Das erste Mal bin ich im Jahr 2010 im Zuge meiner Doktorarbeit nach Israel gefahren, und natürlich hatte ich mir das Thema auch sehr bewusst so ausgewählt, um in Israel leben und arbeiten zu können, um hier auch eine Aufgabe zu haben. Und ich weiß noch: Als ich in Israel gelandet bin, hab’ ich vor Freude geweint. Ich hätte nie gedacht, dass dieses Land so einen Effekt auf mich haben könnte, aber es war dann doch so. Seither bin ich jedes Jahr für einige Wochen in Israel und habe auch sieben Jahre lang für das LGBT Film Festival gearbeitet. 2012 ist meine Doktorarbeit über queeren Film in Israel fertig geworden, 2015 wurde sie in überarbeiteter und aktualisierter Form im Wiener Zaglossus Verlag herausgebracht; und sie ist natürlich meiner Oma gewidmet, die das Erscheinen wunderbarerweise noch erlebt hat. Israel ist meine zweite Heimat. Wenn ich dort bin, fühle ich mich zuhause.

Sie haben sehr rasch nach Ihrer Rückkehr gemeinsam mit Stefan Schaden den Kibbutz Klub gegründet, ein für alle offenes queeres Partyformat mit „israelischem Pop, Oriental Buzz und Eurotrash“, das heuer bereits in seinem sechsten Jahr steht und sich großer Beliebtheit erfreut. Wie kam es dazu?
Ursula Raberger: Stefan Schaden und ich haben uns vor vielen Jahren schon auf einer Regenbogenparade kennengelernt, als er dort mit seiner Gruppe Queer Hebrews einen Wagen hatte. Ich musste ihn damals also gleich sehr begeistert ansprechen, und aus diesem Gespräch ist eine langjährige Freundschaft entstanden, aber eben auch der gemeinsame Wunsch, eine für alle offene Party mit israelischem Pop zu organisieren, ein Format, das es bis dahin einfach in Österreich nicht gab. Natürlich hatten wir am Anfang zahlreiche Bedenken, vor allem in Hinblick auf die Sicherheit, und ich erinnere mich noch sehr gut an unsere erste Party am 2. Februar 2013 und unsere Angst, ob überhaupt Menschen kommen würden. Und ich erinnere mich dann an den Moment, als wir den Club an diesem ersten Abend wegen Überfüllung kurz schließen mussten. Das war ein unbeschreibliches Gefühl, und wir beiden standen auf der Treppe und haben in den übervollen Raum geschaut und waren einfach nur glücklich. Und nun sind wir also in unserem sechsten Jahr und veranstalten den Kibbutz Klub vier- bis sechsmal in Jahr an zwei Wiener Locations.

Seit 2015 sind Sie im Team der Österreichischen Jugendinfos tätig. Was leistet diese Organisation?
Ursula Raberger: Die Österreichischen Jugendinfos sind eine Art Dachverband für alle in Österreich bestehenden Jugendinfo-Einrichtungen, das sind bundesweit zurzeit 27. Hierher kann jede und jeder kommen, der bzw. die Fragen hat, von der Schulausbildung über Berufseinstieg, internationale Arbeits- und Studienaufenthalte, Wohnen, Gesundheit, aber auch private oder persönliche Probleme. Wir führen all diese Informationen transparent und leicht zugänglich zusammen und statten die Jugendlichen, aber auch Eltern, mit dem nötigen Wissen und sinnvollen Informationen aus.

Welche Themen werden hier am meisten nachgefragt?
Ursula Raberger: Ich kenne jetzt die Statistiken des Österreichischen Jugendportals, das ich leite, natürlich am besten, und hier sind es vor allem die Themen Arbeit, Unterhalt, Wohnen, Zivildienst und „ich möchte ins Ausland“, zum Beispiel im Rahmen des europäischen Freiwilligendienstes, die am meisten nachgefragt werden.

Welche Altersgruppe sprechen Sie am meisten an?
Ursula Raberger: Das ist ganz unterschiedlich. Es kann uns ein 14-Jähriger anrufen, aber auch eine 25-Jährige; es rufen aber sehr häufig auch Eltern an, Verwandte von Schüler*innen, die vielleicht Probleme haben. Was bei uns natürlich auch sehr gerne wahrgenommen wird, ist das Angebot, eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen, das kann auch gerne per E-Mail sein, telefonisch oder eben auch im direkten Gespräch. Wir decken also sowohl den On- wie den Offlinebereich ab, und das funktioniert wirklich sehr gut.

Wie ist das Österreichische Jugendportal in diese Struktur eingebettet?
Ursula Raberger: Das Österreichische Jugendportal ist ein Projekt des Bundesnetzwerkes selbst, für das ich arbeite. Es ist eine Onlineplattform, auf der man sehr gut recherchierte und aufbereitete Infos findet zu allen Themen, die Jugendliche interessieren, also auch hier vom Wohnen über Arbeit und Schule bis hin zu Sexualität. Hier findet man neben den Informationen aber auch die jeweiligen Ansprechpartner*innen und weiterführende Links. Weitere Säulen sind natürlich Social-Media-Portale, die ich mit betreue, das Projekt Get active sowie das von mir initiierte Projekt Youth Reporter.

Was kann man sich unter dem Projekttitel Get active vorstellen?
Ursula Raberger: Get active ist ein relativ neues Projekt, mit dem wir im Herbst 2017 gestartet haben. Wir statten Jugendliche dabei mit Know-how in den Bereichen Projektmanagement, Organisation und Präsentationsskills aus, sodass diese zum Beispiel auch in Kontakt mit Ministerien und anderen Organisationen treten können. Über die sozialen Medien erreichen wir hier sehr viele Jugendliche, die sich dieses Wissen unter anderem auch im Rahmen von von uns organisierten Workshops mit Expert*innen der jeweiligen Felder aneignen können.

Medienexpert*innen sind es ja auch, die Sie für die Workshops im Rahmen des Projektes Youth Reporter einladen und für Ihre Arbeit gewinnen können.
Ursula Raberger: Ja, das funktioniert wirklich wunderbar, und wir haben in den bald drei Jahren, in denen ich das Projekt Youth Reporter leite, schon eine ganze Reihe an renommierten und erfahrenen Journalist*innen gewinnen können, die immer wieder bereit sind, diese Workshops zu unterschiedlichen Themen für die Jugendlichen anzubieten. Aber es ist nicht nur das journalistische Schreiben, sondern weit darüber hinaus auch andere Themen wie Fotografie, Radio oder Fernsehen, die wir in diesem Projekt aufgreifen und vermitteln.

Wie kam es dazu, dass Sie das Projekt Youth Reporter ins Leben rufen haben?
Ursula Raberger: Ich wollte schon lange ein Projekt dieser Art realisieren, durfte dann ein Konzept erstellen und 2016 eine Ausschreibung formulieren ‒ und als dann über 100 Bewerbungen bei uns eingelangt sind mit Texten, mit Bewerbungsschreiben und Motivationsschreiben und von wirklich spannenden Jugendlichen, da war schon klar, dass dieses Projekt auf ein vorhandenes Bedürfnis stößt und wir hier auch in den kommenden Jahren nachhaltig weiterarbeiten können. Wir haben dann aus diesen ersten Bewerbungen statt der geplanten 15 Jugendlichen insgesamt 21 Personen ausgewählt, und mit den meisten arbeiten wir noch heute. Derzeit haben wir ca. 50 aktive Youth Reporter. Wir sind eine rasch wachsende, sehr aktive Community, und auch die Drop-out-Rate ist wirklich gering: Ich denke, es waren nicht mehr als vier oder fünf Teilnehmer*innen in den letzten zwei Jahren, die sich dann doch entscheiden, etwas ganz anderes weiterzumachen.

Wie würden Sie Ihr Konzept kurz zusammenfassen?
Ursula Raberger: Wir sehen uns als ein Projekt, das Jugendlichen das Empowerment bietet, um im Journalismus Fuß zu fassen. Wir sind auch darauf bedacht, besonders junge Menschen aus schwer erschlossenen Regionen aufzunehmen, denen der Zugang zu Praktika vor Ort zumeist nicht so leicht möglich ist.

Aus welchen Bundesländern kommen die Teilnehmer*innen, und in welcher Altersgruppe bieten Sie die Ausbildung an?
Ursula Raberger: Wir suchen immer Teilnehmer*innen zwischen 16 und 24 Jahren. Aber aus den letzten Jahren kann ist sagen, dass sich die Bewerber*innen im Alter zwischen 15 und 22 Jahren bewegen. Wir haben alle Bundesländer vertreten, und hier auch kleinere Orte und strukturell noch wenig aufgeschlossene Regionen, was mich sehr freut. Die meisten Teilnehmer*innen gehen noch in die Schule, manche absolvieren auch aktuell eine Lehre; und einige haben bereits zu studieren begonnen oder beginnen während des Projekts mit ihrem Studium. Fragt man nach, woher die Teilnehmer*innen ihre Informationen über unser Projekt bekommen haben, so sind es meistens ihre Deutschlehrer*innen. Mir persönlich wäre es ein besonderes Anliegen, auch viele Schüler*innen aus Berufsschulen gewinnen zu können oder auch Jugendliche, die gerade in der Luft hängen. Doch das ist besonders schwer.

Anna Morandini, Sie sind von Beginn an bei diesem Projekt dabei, wie sind Sie dazugestoßen?
Anna Morandini: Ich komme aus der Steiermark und bin über eine engagierte Lehrerin dazugekommen, die mir die Ausschreibung weitergeleitet hat und meinte, das könnte mich interessieren. Das war wirklich ein Glück.

Wie sieht das Bewerbungsprozedere im Detail aus?
Anna Morandini: Ich habe einen Text schreiben müssen, wobei das Thema schon vorgegeben war: Warum wir uns für Journalismus interessieren. Und wir mussten uns auch persönlich mit einem Text oder Video oder Podcast vorstellen. Bei den neuen Bewerbungen gibt es drei Themen, von denen man sich eines aussuchen kann.

Hatten Sie eine konkrete Vorstellung, was Ihnen dieses Projekt bieten wird?
Anna Morandini: Nein, eigentlich hatte ich keine genaue Idee, aber ich habe es einfach versucht und war auch nicht sicher, ob ich überhaupt Chancen habe, weil ich eben noch gar keine Praktika in diesem Bereich vorzuweisen hatte.

Ursula Raberger: Und das ist genau das, war wir wollen!

Sind die Workshops so konzipiert, dass sie bundesweit von allen Teilnehmer*innen besucht werden können?
Anna Morandini: Ja, die Workshops finden alle halben Jahre an einem Wochenende statt, und wir erfahren es so früh, dass wir uns das sehr gut einteilen können.

Ursula Raberger: Das journalistische Basistraining findet in der Schraubenfabrik in Wien statt, wobei man auch hier bereits unterschiedliche Orte und Organisationen besucht. Dieses Basistraining ist textbasiert. Bei den folgenden Workshops und Schreibwerkstätten gibt es dann zusätzlich zahlreiche Exkursionen. Und was auch wichtig zu erwähnen ist: Die Teilnehmer*innen können aktiv mitbestimmen, welche Praxisangebote es gibt. Das betrifft auch die Frage der Medien, d. h. ob sie sich im Speziellen für Videoproduktion, Radio oder Social Media interessieren. Und sie können auch eigene Ideen einbringen.

Anna Morandini: Es gibt zum Beispiel auch so genannte Kamingespräche mit erfahrenen Journalist*innen.

Ursula Raberger: Bei diesen Kamingesprächen vor jedem Training war zum Beispiel schon Claudia Unterweger von FM4 zu Gast; eine unserer Teilnehmer*innen arbeitet jetzt etwa bei Datum, eine andere wird diesen Sommer ein dreimonatiges Training beim Profil beginnen. Aber auch der Journalist*innenkongress ist auf uns aufmerksam geworden, und wir sind nun jedes Jahr eingeladen, sodass sie Jugendlichen auch dort ins Gespräch mit erfahrenen Kolleg*innen kommen und ihr Netzwerk weiter aufbauen können.

Anna Morandini: Es ist einfach wichtig, dass wir ein super Feedback bekommen, und es ist ein Sprungbrett, um im Lebenslauf im Bereich Journalismus etwas vorweisen zu können und auch die notwendigen Skills in einem professionellen Umfeld zu erlernen.

Ursula Raberger: Ein weiteres Feature für unsere Neueinsteiger*innen ist, dass sie sich aus den bestehendem Pool an Youth Reporter*innen eine Mentorin, einen Mentor aussuchen können, der oder die den Neuen Antworten auf Fragen geben können, die sich diese vielleicht nicht fragen trauen.

Werden die Texte redaktionell überarbeitet?
Anna Morandini: Ja, wir bekommen immer ein super Feedback.

Ursula Raberger: Ich bekomme die Texte und gebe den Teilnehmer*innen für jeden einzelnen Beitrag ein sehr genaues und vor allem wertschätzendes Feedback. Diese Begegnung auf Augenhöhe ist mir ganz besonders wichtig, und ich hätte mir das als junge Nachwuchsjournalistin auch sehr gewünscht.

Wie weit kann jeder und jede von Ihnen ihren bzw. seinen Stil behalten?
Anna Morandini: Wir können sehr gut bei uns bleiben, es gibt Kolleg*innen, die sehr persönlich schreiben, essayistischer, und andere, die sachlicher schreiben. Wir können uns „ausleben“.

Ursula Raberger: Ja, es gibt wirklich sehr unterschiedliche Stile, die wir alle auch so in ihrer Einzigartigkeit belassen.

Anna Morandini: Wenn zum ersten Mal ein Text von uns online steht, dann ist das einfach ein schönes Gefühl.

Wie früh entscheiden Sie sich, in welche Richtung Sie gehen wollen, welches Medium für den einen oder die andere am spannendsten ist?
Anna Morandini: Für die meisten von uns steht doch das Schreiben im Vordergrund, und so haben sich auch die meisten schriftlich beworben und sind auch sicher die Schreibwerkstätten am spannendsten, weil das wirklich gute Journalist*innen sind, von denen wir alle sehr viel gelernt haben. Aber das Arbeiten zum Beispiel mit Video hat uns allen dann natürlich ganz neue interessante Einblicke geboten, und wir haben dann auch auf unserer Israel-Reise sehr viele Videos gemacht.

Welche Themen stehen im Zentrum der Youth Reporter-Site? Was interessiert die jungen Journalist*innen besonders?
Anna Morandini: Wir dürfen uns die Themen frei aussuchen und informieren die Projektleiter*innen im Vorfeld, über was wir schreiben wollen. Wir bekommen aber auch, wie im Fall der Diagonale, manchmal Vorschläge oder das Angebot, dass wir Tickets bekommen, wenn wir darüber schreiben wollen.

Ursula Raberger: Diese Angebote werden an unsere Youth Reporter geschickt mit der Frage, ob es jemanden interessiert; aber niemand muss dann im Rahmen des Projekts diese Veranstaltungen besuchen und darüber berichten. Ich will die Teilnehmer*innen auf keinen Fall lenken, ich will, dass sie die Themen nach ihren Interessen aussuchen, dass sie sich nicht eingeengt fühlen. Aber natürlich spiegelt die Auswahl auch die Interessen von Jugendlichen von heute wider. Und das wollen wir ja auch mit dem Jugendportal.

Für das Projekt Building Bridges: Israel_Österreich waren Sie letzten Herbst mit fünf Youth Reportern in Israel, haben dort Tel Aviv, Jerusalem und den Kibbutz Kfar Menachem im Süden des Landes besucht und waren auch zu einem Botschaftsempfang am Nationalfeiertag eingeladen. Die Erfahrungen und Erlebnisse haben die jungen Reporter*innen nach ihrer Rückkehr in zahlreichen sehr unterschiedlichen Beiträgen zusammengefasst. Was waren für Sie die wichtigsten Begegnungen, die prägendsten Erfahrungen?
Ursula Raberger: Wir konnten auf diese Reise nur fünf unserer Jugendrepoter*innen mitnehmen und haben das auch ganz fair aus der Teilnehmer*innengruppe gelost. Mir war es dann auch sehr wichtig, die Jugendlichen, die mitgefahren sind, sehr gut auf diese Reise, auf die Geschichte, die Entstehung des Landes, auf die Medienberichterstattung, natürlich auch auf Fragen der Religion und vieles mehr vorzubereiten. Schon in diesem Vorbereitungsworkshop haben wir uns aber auch darüber verständigt, wen was besonders interessiert, wobei das Überthema für diese Reise genau definiert war: „Identität – Migration: Israel – Österreich“.

Anna Morandini: In Israel selbst waren wir dann alle über den Tag hinweg sehr viel unterwegs und haben uns jeden Abend in der Gruppe zusammengesetzt und vereinbart, wer über was berichtet. Ich habe zum Beispiel eine Art Tagebuch über die Gesamteindrücke verfasst, andere haben sich wiederum mit Details beschäftigt und darüber eigene Reportagen gemacht. Und wir haben gemeinsam sehr viele Videos über diese Reise gestaltet und online gestellt.

Ursula Raberger: Den Leiter des Österreichischen Kulturforums in Tel Aviv, Johannes Strasser, konnten die Jugendlichen treffen und über das wirklich breit gefächerte Angebot des Kulturforums mehr erfahren. Und auch in der österreichischen Botschaft in Israel sind wir sehr herzlich empfangen worden, waren zu einem Botschaftsempfang eingeladen, und die Jugendlichen konnten sogar den Botschafter interviewen. Das ist einfach ein Erlebnis, das bleibt. Und das ist schön.

Israel war naheliegend aufgrund Ihrer persönlichen Nähe zu diesem Land, gibt es auch andere Reiseziele in nächster Zeit?
Ursula Raberger: Wir sind dahinter, doch diese Reisen sind vor allem ein finanzielles Problem. Auch, dass wir nicht mehr als fünf Jugendliche nach Israel mitnehmen konnten, war diesem Aspekt geschuldet, es war aber auch eine angenehme und gut zu organisierende Gruppengröße. Sehr gerne würden wir wieder nach Israel fahren, und ich hätte schon eine Reihe von Ideen und Themen dazu, aber natürlich würden wir auch gerne in andere Länder und Städte fahren, und es wäre für mich schon so ein kleiner Traum, diese Reisen, auch in größeren Gruppen, jährlich für unsere Youth Reporter anzubieten. Doch das ist freilich eine Sache des Geldes.

Durch wen wird das Projekt finanziert?
Ursula Raberger: Das Jugendportal selbst und so auch das Projekt Youth Reporter erhält eine Förderung durch den Bund. Wir müssen jährlich ansuchen, und aus dem Gesamtbudget wird dann in genauer Absprache mit unserem Geschäftsführer ein Teil für die diversen Einzelprojekte gewidmet. Die Israel-Reise selbst hatte jedoch eine Sonderförderung durch die internationale Jugendabteilung des Ministeriums.

Inwieweit wurden die gesteckten Ziele in den ersten zwei Jahren erreicht?
Ursula Raberger: Ich hab schon gewusst, dass es einen Bedarf gibt, aber ich war nicht sicher, ob das Angebot die Menschen erreicht, die es brauchen, und dass es so gut anläuft, konnten wir alle nicht ahnen. Im Herbst haben wir etwa auch ein erstes internationales Youth Reporter-Training, auf das wir uns schon sehr freuen und in Kürze mehr berichten werden. Also auch auf internationaler Ebene sind wir bereits am Wachsen.

An was wir für die kommende Zeit besonders interessiert sind, wären Kooperationen mit anderen Medien, aber auch mit Schulen, um es noch weiter zu streuen. Hier ist noch einiges zu erreichen. Denn unser Ziel ist ja, diese young talents irgendwann einmal mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu entlassen. Sie sind mir schon sehr ans Herz gewachsen. Es ist für mich wirklich schön zu sehen, dass das Projekt angekommen und am steten Wachsen ist und so gut angenommen wird.


Das Österreichische Jugendportal wird seit 2011 vom Bundesnetzwerk Österreichische Jugendinfos im Auftrag des Bundeskanzleramts, Sektion „Familien und Jugend“ gestaltet und betreut. Es richtet sich an in Österreich lebende Jugendliche zwischen 12 und 26 Jahren und soll die Informationssuche im Internet erleichtern.


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