Das Netzwerk für die Jungen

Die Anwältin Julia Andras und die Architektin Natalie Neubauer-Muzicant haben den Young Jewish Business Club Vienna gegründet. Viermal im Jahr kann man hier Topmanager oder erfolgreiche Jungunternehmer näher kennen lernen.

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Die Initiatorinnen. Julia Andras und Natalie Neubauer-Muzicant haben eine innovative Wirtschaftsinitiative gestartet, die den Kontakt zwischen Nachwuchs- und Topmanagern fördern soll. © Reinhard Engel

Zuerst hörten sie dem österreichischen Rewe-Chef gespannt zu. Und Marcel Haraszti konnte ihnen einiges Interessantes aus seiner eigenen Karriere berichten: von herausfordernden Auslandsstationen in Litauen, Rumänien und der Ukraine. Von korrupten Beamten und illegalen Hausdurchsuchungen auf der einen Seite. Von hoch motivierten lokalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der anderen.

Doch dann, nach dem Vortrag, kam ihre eigene Chance. In einer kleinen Schlange stellten sie sich geduldig an beim Empfang auf der Dachterrasse, bis sie an der Reihe waren. Sie stellten ihre individuellen Fragen, erkundigten sich nach offenen Stellen im Konzern, tauschten Visitkarten aus. Und auch Haraszti genoss den Kontakt sichtlich.

„Wir haben uns über das große Interesse wirklich gefreut“, erzählt Julia Andras, Managing Partner bei Lansky, Ganzger + Partner, in dessen Anwaltsbüro der Event stattfand. „Und auch, dass es junge Frauen und Männer aus unterschiedlichsten Bereichen der jüdischen Gemeinde waren“, setzt Natalie Neubauer-Muzicant hinzu. „Die Bandbreite reicht von Grusinen über Bucharen bis zu Aschkenasi, und manche von ihnen sind sonst nicht gerade in der Gemeinde aktiv.“

Die Architektin Neubauer-Muzicant, die Anwältin Andras und die Journalistin Daniela Davidovits-Nagy haben im heurigen Sommer den Young Jewish Business Club Vienna ins Leben gerufen. „Natalie und ich sind beide in der Österreichisch-Israelischen Handelskammer AICC aktiv, ich als Generalsekretärin, sie als Mitglied des Präsidiums“, erzählt Andras. „Und gemeinsam mit Daniela arbeite ich in der IKG in der Bildungskommission“, fügt Neubauer-Muzicant hinzu. „Es gibt in der Kultusgemeinde unterschiedliche Gruppen, seien sie religiös oder politisch motiviert. Aber es hat bisher keine Organisation gegeben, die sich mit Wirtschaft befasst, und auch kein Netzwerk für Jüngere.“

Mit ihrem Young Jewish Business Club wollen sie mehrere Ziele parallel erreichen: zunächst einmal eine Plattform für junge Juden bieten, die alle in der Wirtschaft tätig sind, sei es als Selbstständige oder in unterschiedlichen Managementpositionen. Darüber hinaus wollen sie sie mit Unternehmen aus Israel in Kontakt bringen, die hier aktiv sind oder es werden wollen. Andras: „Ich habe zwei Jahre in Israel das Büro für die AICC aufgebaut und geleitet. Die AICC arbeitet daran, den bilateralen Handel zwischen Österreich und Israel zu verbessern.“ Und schließlich sollen die jungen österreichischen Juden Tipps und Hilfestellungen bei ihrer Karriereplanung erhalten, mit erfolgreichen Managern oder Unternehmern in direkten Kontakt kommen.

»Die Bandbreite reicht von Grusinen über
Bucharen bis
zu Aschkenasi.«
Natalie Neubauer-Muzicant

„Marcel Haraszti hat bei seinem Vortrag mehrmals erwähnt, dass Konzerne wie seiner junge Mitarbeiter mit unternehmerischen Fähigkeiten suchen, nicht bloß genormte Uniabgänger“, kommentiert Natalie Neubauer-Muzicant. „Viele von uns – auch so wie er – haben von unseren Eltern dieses unternehmerische Denken mitbekommen. Im Business Club wollen wir das ansprechen und auch zeigen, wie man es einsetzen und nutzen kann.“

Konzernlenker & Jungunternehmer. Vier Mal im Jahr sollen diese Events stattfinden, in loser Abfolge mit Wechseln zwischen Konzernlenkern und Jungunternehmern. Die Lokalität stellt Anwalt Gabriel Lansky zur Verfügung, er ist seit 2002 Präsident der Österreichisch-Israelischen Handelskammer AICC. Mit koscherem Buffet und Wein wird die Teilnahme auch religiöseren Interessierten möglich.

Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti erzählt von seinen Erfahrungen im Geschäftsleben in Osteuropa. © Reinhard Engel

Wer sind die Initiatorinnen? Julia Andras wurde in diesem Jahr eine von vier Managing Partnern und Geschäftsführern im Wiener Büro von Lansky, Ganzger + Partner (LGP). Sie arbeitet schon seit ihrem Studium für die Kanzlei, das sind inzwischen 16 Jahre. Spezialisiert ist sie auf Litigation & Arbitration, das heißt vereinfacht, sie prozessiert. „Ich bin viel vor Gericht“, erzählt sie. „Dabei geht es um die unterschiedlichsten Wirtschaftsthemen, vom Baurecht bis zum Schadensersatzrecht, vom Arbeitsrecht bis zu Erbschaftsfällen.“ Darüber hinaus ist sie zuständig für die Kontakte zu einem internationalen Netzwerk, an das ihre Kanzlei erst kürzlich angedockt hat: Andersen Tax & Legal. LGP ist mittlerweile eine der größeren österreichischen Wirtschaftssozietäten geworden, mit 100 Mitarbeitern aus 20 Ländern in Wien und weiteren 20 Juristen in Bratislava sowie einem kleinen Büro in Kasachstan.

Natalie Neubauer-Muzicant ist seit 2008 Partnerin im Wiener Architekturbüro KENH. Sie hat in Wien an der Akademie für bildende Künste das Architekturstudium abgeschlossen, dann aber noch einen Master of Science an der Columbia Universität in New York angehängt und zwischendurch auch an der Jerusalemer Bezalel Academy of Arts and Sciences studiert. Bei KENH ist sie unter den drei Partnern vor allem für Projektmanagement und Akquise zuständig. Das Portfolio ihres Büros für Architektur und Design reicht vom großen Wohnbauprojekt mit 145 Einheiten bis zum überschaubaren privaten Dachbodenausbau, von der Modernisierung des Tanzquartier Wien bis zum Umbau der ehemaligen Polizeistation am Wiener Praterstern zum modernen vegetarischen Restaurant Yamm. 

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