Dunkles Echo in den Donnerhallen

Wenn die jüdischen Repräsentanten sich nicht fürs staatliche Gedenken mit den freiheitlichen Ministern einspannen lassen, verstehen manche hierzulande die Welt nicht mehr.

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Doron Rabinovici / © APA Picturedesk/ Marko Lipus

Am 19. Jänner wurde die Facebook-Seite von Johann Gudenus zum Tummelplatz zahlloser Hetzkommentare. Hier war zu lesen: „schleichts eich nach israel“ und es mögen „denen“ die Förderungen gestrichen werden, weil hier sei Österreich, und wenn es „denen“ nicht passe, so sollten „die“ gefälligst verschwinden. Mit „denen“ waren die Juden gemeint. Johann Gudenus hatte Hass gegen die Kultusgemeinde geschürt, indem er einfach einen Artikel aus der Zeitung Die Presse gepostet hatte. Anna Thalhammer hatte hier berichtet, die IKG werde an Gedenkveranstaltungen nicht teilnehmen, da sie einem nahen Kontakt mit freiheitlichen Ministern aus dem Weg gehen wolle. Sie schrieb: „Was absurd klingt, ist fixes Vorhaben der Spitze der Israelitischen Kultusgemeinde.“ Thalhammer schien über die jüdische Gemeinde nur eindimensional informiert zu sein und behauptete, die IKG plane statt des Gedenkens mit dem offiziellen Österreich eigene Parallelveranstaltungen. Das stimmt nicht und heizte sicher die Stimmung nicht weniger Poster gegen die Juden an.

Wie praktisch auch, die Tränen um die toten Juden mit einem Schuss Ressentiment gegen die lebenden verquicken zu können? Wenn die jüdischen Repräsentanten sich nicht fürs staatliche Gedenken mit den freiheitlichen Ministern einspannen lassen, verstehen manche hierzulande die Welt nicht mehr. „Na, geh … jetzt is er bös, der Tennenbaum!“

Soll der Ehrenpräsident Muzicant den Morden an seinen Verwandten nachsinnen und zugleich mit Innenminister Kickl, jenem mit dem Spruch vom Dreck am Stecken, Händchen halten?

Ist es denn so unverständlich, wenn die jüdische Gemeinde vor Trauerfeiern in Blauschwarz zurückschreckt? Sollen die Juden dieser Stadt gezwungen sein, ihre ermordeten Verwandten zu ehren, indem sie etwa jenem Vizekanzler die Hand reichen, der vor wenigen Jahren anlässlich des Akademikerballs lamentierte, die Freiheitlichen seien „die Juden von heute“? Erinnert sich niemand mehr an die von Strache gepostete Karikatur vom einschlägig dargestellten Bankier mit den Davidsternen als Manschettenknöpfen, die direkt wie aus dem Stürmer wirkte? Wer kennt nicht die Fotos, auf denen zu sehen ist, wie Strache zur Gaudi seiner alten Wehrsportsfreunde mit Burschenschafterkäppchen in Yad Vashem auftanzte? Geht es darum, die Opfer ein weiteres Mal zu schmähen? Soll der Präsident der IKG als Statist dafür eingesetzt werden? Ist Fasching angesagt? Soll der Ehrenpräsident Muzicant den Morden an seinen Verwandten nachsinnen und zugleich mit Innenminister Kickl, jenem mit dem Spruch vom Dreck am Stecken, Händchen halten? Gleichsam ganz konzentriert …

Ist vergessen, wie in der Aula die KZ-Überlebenden als „Landplage“ und „Massenmörder“ beschimpft wurden? Strache lobte die Aula, da sie „sich nie dem Zeitgeist … untergeordnet hat“. Gudenus gratulierte der Redaktion zu ihrer „Standhaftigkeit auch in rauer See“ und wünschte den „Kameraden“ weiterhin viel Erfolg.

Nach dem einstimmigen Beschluss des Kultusvorstandes, den Kontakt zu freiheitlichen Ministern meiden zu wollen, war ich stolz, ein Mitglied dieser Gemeinde zu sein. Es mag ja hierzulande manchen absurd erscheinen, doch Juden wollen sich nicht mehr auf den Kopf spucken lassen – und auf keinen Fall werden sie dann auch noch sagen, es habe bloß geregnet.

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