Am Ende macht das alles Sinn

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JOHN WESSELS / AFP / picturedesk.com
*(siehe Anmerkung am Ende)

„Wenn wir zusammenarbeiten, können wir Wohlstand und Würde für unsere Völker sowie Stabilität und Sicherheit für unsere Welt sichern und von den Abraham-Abkommen zu den Kyrus-Abkommen übergehen“, sagte Reza Pahlavi, exilierter Kronprinz und Sohn des letzten Schahs des Iran, beim Gipfel des Israeli-American-Councils im letzten Herbst. Er sprach von der freundschaftlichen Verbindung beider Völker, die auf Kyros den Großen zurückgeht und seit 2.500 Jahren besteht, als dieser das jüdische Volk aus der babylonischen Gefangenschaft befreite und den Wiederaufbau des zerstörten Tempels ermöglichte. Solche tiefen und alten Freundschaften sollen gepflegt werden, denn sie sind rar unter den Völkern – wie sie auch selten unter uns Menschen sind. Und so hat Israel auch diesem Gebot mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, mit unglaublicher Entschlossenheit, Mut und militärisch-strategischen Fähigkeiten Folge geleistet. Vor allem aber haben die Piloten der IDF an vorderster Front und die Strategen dahinter die eigene Sicherheit und die der Region im Blick gehabt, als sie unter anderem die atomaren Bemühungen des iranischen Regimes angegriffen haben.

Wie konnte es aber so weit kommen? Warum konnte die internationale Atombehörde, wie so viele Behörden der internationalen Gemeinschaft, auf diesem Auge blind sein? Ähnlich wie die Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes, die bei ihren Inspektionen in den deutschen Konzentrationslagern die weißen Laken in den sogenannten Spitalsbaracken nur zu gerne geglaubt und dabei die Mordmaschinerie dahinter übersehen haben?

Nach der Schoa hieß es „Nie wieder!“, doch der  Überfall auf Israel am 7. Oktober hat uns eines Besseren belehrt: Die israelische Gesellschaft wurde in ihrem Kern erschüttert. Die globalen Folgen der barbarischen Ereignisse in Israel, die Opfer-Täter-Umkehr, die Geschehnisse an den Universitäten, die Proteste auf den Straßen und insbesondere das Erstarken antisemitischer Tendenzen in der Mitte der Gesellschaft haben das Judentum weltweit daran erinnert, dass sich die Geschichte jederzeit wiederholen kann. Unser Vertrauen in ein „Nie wieder!“ wurde erschüttert, Israel erlebte eine tiefe Krise und das generationsübergreifende Schoa-Trauma wurde bei vielen von uns schwer getriggert.   

Der Angriff Israels auf den Iran und die vielen Schritte, die diesen strategisch vorbereitet haben, konnten nun einen Teil des Sicherheitsempfindens wiederherstellen – Israel kann und wird sich verteidigen, wenn es notwendig ist. Doch der Preis ist sehr hoch und wird von jenen bezahlt, die in den Sicherheitsräumen in Israel sitzen, statt sich auf der Tel-Aviv-Pride, auf Hochzeiten oder in Straßencafés zu treffen. Von jenen, die bei den iranischen Raketenangriffen verletzt, getötet oder aus ihren Häusern vertrieben wurden.  Von denen, deren Erwartungen, dass ihre Liebsten aus der Gewalt ihrer Entführer zurückkehren, ständig enttäuscht werden. Und natürlich zahlen vor allem auch die IDF-Soldaten und ihre Familien einen enormen Preis.

Golda Meir soll gesagt haben, dass Pessimismus ein Luxus sei, den sich ein Jude niemals erlauben kann. Es waren harte, schmerzhafte und ernüchternde Jahre seit jenem Oktober-Tag 2023, und die Welt wird nicht mehr so sein, wie sie zuvor war. Aber zweifellos haben diese Ereignisse weltweit auch ein neues jüdisches Selbstbewusstsein geschaffen, für eine tiefere Verbindung zwischen Israelis und der Diaspora gesorgt und uns auch gezeigt, wer unsere wirklichen Freunde und Verbündeten sind. Wenn wir uns diese Erkenntnis bewahren und weiter pflegen, Krieg und Terror nachhaltig zurückgedrängt werden können und die Freiheit und Würde des Menschen in der ganzen Region zum kategorischen Imperativ erhoben werden, dann haben wir den Opfern der letzten Jahre ein würdiges Denkmal gesetzt und das hohle „Nie wieder!“ mit neuem Inhalt gefüllt.

*Dieser Text entstand am 19. Juni ´25 – wenige Tage vor der koordiniereten Großoperation der USA und Israel gegen iranische Atomanalagen.

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