Ein Lebensweg – Prof. Arnold Pollak von MedUni Wien für Lebenswerk geehrt

Jedes Jahr am 12. März begeht die Medizinische Universität den Tag der MedUni Wien. An diesem Tag im Jahr 1365 wurde die Medizinische Fakultät gegründet. Mit einem „Lebenswege“-Gespräch wird dabei ein verdientes Mitglied der Uni geehrt: Heuer war dies Arnold Pollak, der langjährige Vorstand der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde. Rektor Markus Müller überraschte Pollak am Ende der Veranstaltung zudem mit der Verleihung der Ehrennadel der Universität.

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Alumni Club Lebenswege: Arnold Pollak - im Gespräch mit Anita Rieder, © MedUni Wien/ Kawka

Im historischen Vortragssaal im Josephinum ließ Anita Rieder, Vizerektorin der MedUni Wien, im Gespräch mit Arnold „Dicky“ Pollak dessen bisherigen Lebensweg und -werk Revue passieren. Letzteres ist umfangreich: Er begründete die Neonatologie am AKH Wien, er gehört zu den Geburtshelfern des Mutter-Kind-Passes, mit dem die Säuglingssterblichkeit, die in den 1970er Jahren in Österreich noch hoch war, massiv gesenkt wurde, er entwickelte das von seinem Mentor Otto Thalhammer begründete Neugeborenen-Screening auf angeborene Erkrankungen massiv weiter, sodass heute mit wenigen Bluttropfen aus der Ferse eines Babys dieses auf über 30 Erkrankungen getestet wird. Die rasche Diagnose ermöglicht dann eine sofortige Behandlung. Er sorgte für die Errichtung von Neugeborenen- und Kinder-Intensivstationen. Er führte aber auch Geburtshilfe und Pädiatrie zusammen und schaffte kurze Wege. Eine Brücke im AKH Wien, welche die beiden Stationen verbindet, trägt daher heute seinen Namen.

Alumni Club Lebenswege: Arnold Pollak – im Gespräch mit Anita Rieder, © MedUni Wien/ Kawka

Meriten erwarb sich Pollak aber auch in der Forschung. Nach seiner Promotion an der Universität Wien 1971 legte er 1973 auch die Nostrifikationsprüfung für die USA ab. Das ermöglichte ihm von 1976 bis 1977 einen Klinik- und Forschungsaufenthalt an der Brown University in Rhode Island, einer Ivy League Universität. Dort wurde sein Interesse für das Thema Diabetes geweckt, er untersuchte den Kohlehydratstoffwechsel von Neugeborenen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsdiabetes der Mütter. Nach Wien zurückgekehrt schrieb er eine Arbeit über Langzeit-Blutzuckermessungen mittels glycolisiertem Hämoglobin (HbA1c) bei Diabetikern. Einer der Begutachter, ein Diabetologe, bewertete die Arbeit damals negativ, wie Rieder erzählte. Sein Urteil, wonach sich diese Methode nie durchsetzen werde, sollte sich als falsch herausstellen. Heute ist dieser Wert ein Standardmarker. „Das war also eine bahnbrechende Arbeit“, so Rieder.

Alumni Club Lebenswege: Arnold Pollak – im Gespräch mit Anita Rieder, © MedUni Wien/ Kawka

Stolpersteinen begegnete Pollak allerdings immer wieder in seiner langen Karriere. Er wurde 1945 in Cochabamba, Bolivien, geboren, wohin sich seine Eltern vor dem Nationalsozialismus geflüchtet hatten. Als er zehn Jahre alt war, kehrte die Familie nach Wien zurück. In der Schule sei es immer wieder zu unangenehmen Situationen gekommen. „Man war immer jemand, der ein bisschen ausgegrenzt war. Man hat gespürt, dass man anders gesehen wird.“

Das habe sich auch auf der Uni fortgesetzt. Bei einer Histologieprüfung habe ihn der Professor durchfallen lassen. Die Gewebeprobe, die er Pollak vorlegte, war weder in der Vorlesung noch im Vorbereitungskurs durchgenommen worden. Der Professor verabschiedete ihn mit den Worten, er solle „sein Binkerl packen“ und gehen. „Das war für mich ein Erlebnis, das ich nie vergessen kann“. Später, nach seinem Klinik- und Forschungsaufenthalt in den USA habe ihn ein anderer Professor, der ihn zunächst minutenlang und mit dem Rücken zu ihm stehend warten ließ, gefragt, warum er denn eigentlich zurückgekommen sei aus den USA.

Arnold Pollak erhält den Ehrennadel für besondere Verdienste um die Medizinische Universität in Wien, © MedUni Wien/ Kawka

Nichtsdestotrotz investierte Pollak, der bis 2014 der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde vorstand, über Jahrzehnte all seine Energie, um in Wien die besten Behandlungsmöglichkeiten für Neugeborene und Kinder zu etablieren. Mit dem Neubau des AKH konnten hier auch baulich neue Standards gesetzt werden. Pollak gehörte aber auch zu jenen, die eine Ausgliederung der medizinischen Fakultät aus der Universität Wien und die Gründung einer Medizinischen Universität Wien forcierten. Ende 2002 wurde er Vorsitzender des Gründungskonvents. Mit dem 1. Jänner 2004 besteht nun die MedUni Wien als eigene Universität.

Arnold Pollak sorgte für die Errichtung von Neugeborenen- und Kinder-Intensivstationen, führte aber auch Geburtshilfe und Pädiatrie zusammen, um die Wege zu verkürzen. Eine Brücke im AKH Wien, welche die beiden Stationen verbindet, trägt heute seinen Namen.© MedUni Wien/ Kawka

Begleitet wurde dieses „Lebenswege“-Gespräch – Rektor Müller hatte eingangs erklärt, in diesen würden stets „Ikonen unserer Universität, Ikonen der österreichischen Medizin“ vorgestellt – von zahlreichen Fotografien, die Pollak mitgebracht hatte. So sah das zahlreich erschienene Publikum – sowohl seitens der Universität, aber auch Familie, Freunde und Vertreter der jüdischen Gemeinde – Pollak bei seiner Promotion in Wien, an der Brown University in den USA, mit seiner dort geborenen Tochter als Baby, mit dank ihm zur Welt gekommenen Babys.

Familie und Freunde im Publikum © MedUni Wien/ Kawka

Ein Abend als Zeitreise, der nicht nur Pollaks Lebenswerk würdigte, sondern auch eindringlich aufzeigte, wie groß der medizinische Fortschritt bei der Betreuung von Frühchen in den vergangenen Jahrzehnten war. Heute können auch Babys mit einem Geburtsgewicht von 500 Gramm überleben. Als Pollak die Neonatologie aufbaute, mussten sein Team und er noch Apparate zur Beatmung frühgeborener Babys selbst basteln, wie er im Josephinum schilderte.

 

 

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