Ein zweites Zuhause

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Seit immer mehr Kinder in eine jüdische Schule gehen, scheint die Bedeutung der Jugendorganisationen für die jüdische Erziehung gesunken. Und sie erfreuen sich dennoch regen Zulaufs. Zu Besuch im Shomer, in der Bnei Akiva, bei der Hillel Group und bei Jad be Jad. Von Alexia Weiss; Fotos: Andreas Pessenlehner

Liron Rosenblatt ist der Schaliach (Jugendreferent) des Hashomer Hatzair Ken (Nest) Wien. Wie alle Schlichim kommt er aus Israel. Der Shomer habe viel mit Israel zu tun, sagt er. Es gehe darum, die Geschichte Israels und des Zionismus zu vermitteln. Anders als früher, steht nicht mehr die Alija (Auswanderung nach Israel) im Vordergrund. Aber Zionismus und Sozialismus sind die Wertehaltungen, die den Kindern und Jugendlichen hier vermittelt werden.

„Zu uns kommen eher Kinder aus säkularen Familien, “, erzählt Rosenblatt. „Die meisten von ihnen besuchen eine öffentliche Schule. Gefragt, ob das Kind halachisch jüdisch ist, wird hier nicht. Für uns ist nicht der Hintergrund eines Kindes wichtig, sondern seine Zukunft.Wenn er oder sie zu uns kommt, dann tut er das, weil es relevant für ihn ist.“

Gemeinsam diskutieren

Im Shomer verbringt man die Samstagnachmittage miteinander, macht Spiele, diskutiert politisch und gesellschaftlich relevante Themen, isst gemütlich Jause. Insgesamt betreut der Shomer rund 120 Kinder und Jugendliche. Im Winter und Sommer gibt es Machanot,  also Camps, und immer stärker wird das Interesse, nach der Matura ein Jahr in Israel zu verbringen. Hier gibt es ein israelisches Stipendienprogramm, das es ermöglicht, ein Jahr in einem Kibbuz zu leben.

hashomerhatzair.at

„Zu uns kommen eher Kinder aus säkularen Familien. Für uns ist nicht der Hintergrund eines Kindes wichtig, sondern seine Zukunft.“ Liron Rosenblatt


Ein zweites Zuhause. Bei Jad be Jad, derzeit noch in der Tempelgasse im Sefardischen Zentrum zu Hause, ab Herbst dann in den neuen Räumlichkeiten am Czerninplatz, ist das ganze Wochenende etwas los. An die 500 Kinder und Jugendliche sind hier Mitglied, erzählt Jugendleiter Simon Alaev. An einem durchschnittlichen Samstag oder Sonntag sind an die 120 junge Menschen da. Tradition wird hier hochgehalten. Mädchen und Buben zwischen vier und zwölf  Jahren lernen am Schabbat getrennt, die Älteren gemeinsam. Am Sonntag finden dann die Ausflüge und Diskussionen statt, auf die sich alle schon freuen.

Bunt gemischt

Ursprünglich als bucharische Jugendorganisation gegründet, sind die Jugendlichen hier nun bunt gemischt. Bucharen kommen ebenso wie Grusinen und Aschkenasen. Roni Karschigijew (17) zum Beispiel ist Madrich (Gruppenleiter) und erlernt IT-Technik am JBBZ. „Hier lernt  man Leute kennen, unter den Madrichim hat sich schon so manches Paar fürs Leben gefunden.“


Seine Co-Madricha Michaela Natanov (16) verbringt seit dem Kindergartenalter ihre Wochenenden bei Jad be Jad.  „Jad be Jad ist mein zweites Zuhause“.

Jad be Jad wurde urspürnglich als bucharische Jugendorganisation gegründet, heute sind die Jugendlichen hier nun bunt gemischt – Bucharen, Grusinen und Aschkenasen

 

In der Bnei Akiva am Judenplatz steht am Samstag die Religion im Mittelpunkt. Montagabend bei dem Treffen der Madrichim wird das Programm für das darauffolgende Wochenende besprochen. In der Bnei Akiva ist es Tradition, dass ein Paar als Schaliach aus Israel kommt, um die Jugendorganisation zu leiten. Derzeit sind dies Yedidya und Dafna Zomer mit ihren beiden kleinen Kindern – das dritte ist unterwegs.

 

Religion und Arbeit

In der Bnei Akiva gehe es um die Verbindung von Tora und Avoda – also Religion und Arbeit, betont Itamar Gross. Der 20-jährige WU-Student kümmert sich um die Logistik, vor allem auf Reisen. Denn auch hier gibt es Machanot. Zionismus wird hochgehalten und Alija angestrebt. Die sechs Gruppen werden von zwölf Madrichim betreut. Sharon Jakubow (15) sagt,  die Bnei Akiva ist „ein Teil meines Lebens. Hier sind fast alle meine Freunde“. Or Hirschl (16) hat hier seine „religiöse Einstellung fürs Leben“ mitgenommen. Als Credo gilt: „Wir zeigen den Kindern den Weg, aber überlassen ihnen die Entscheidung.“

bneiakiva.at

In der Bnei Akiva ist es Tradition, dass ein Schlichim-Paar aus Israel kommt, um die Jugendorganisation zu leiten. So verbessern die Kinder ihre Iwrit-Kenntnisse.

Jessica König ist seit 2009 Madricha der Hillel Group. Hier ist der Rahmen intimer, zehn bis 20 Kinder und Jugendliche kommen am Samstag in den Räumlichkeiten der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen in der Währinger Straße zusammen.

Bei Hillel geht es darum, das jüdische Bewusstsein zu stärken.

Was in Israel passiert

Bei Hillel geht es darum, das jüdische Bewusstsein zu stärken, im Rahmen von Peulot Einblick in jüdische Themen zu geben und dabei auch Spiel, Spaß und Action zu bieten, sagt König. Der 15-jährigen Rachel  gefällt es vor allem, darüber zu sprechen, was in Israel passiert. Ihrem älteren Bruder war es in anderen Jugendorganisationen „zu chaotisch“. Bei Hillel fühlt er sich wohl.

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