Eine Schande für die Stadt Salzburg

Zwei Trampelsteine als unwürdige Erinnerung an den einzigartigen Marko Feingold. Ein Lokalaugenschein von Marta S. Halpert

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Am Sonntag, den 28. August 2022, nur einige Tage vor dem Ende der Salzburger Festspiele, erwartet einen auf dem schmalen Steg, der die Salzach überquert, das gewohnte Bild: Einwohner, aber auch Touristen aus aller Welt laufen, drängeln oder stehen auf der Brücke, deren einfaches Gittergeflecht zu beiden Seiten mit tausenden von farbigen Schlössern behängt ist. Als Makartsteg bekannt, wurde dieser nach Gemeinderatsbeschluss der Stadt am 28. Mai 2021 in Marko-FeingoldSteg umbenannt: An diesem Tag hätte der große jüdische Sohn dieser Stadt seinen 108. Geburtstag feiern können, wäre er nicht im September 2019 gestorben. Wir suchen vergeblich nach einem Hinweis auf jenen Mann, der trotz seines unvorstellbaren Leidensweges während der Shoah nicht nur dieser Stadt, diesem Land großherzig verziehen hat, sondern zu einem geliebten Vorbild tausender Jugendlicher und Schüler:innen wurde, denen er als jüdischer Zeitzeuge aus seinem Leben erzählte. Zahlreiche Politiker aller Couleurs schmückten sich jahrzehntelang mit dem geistreichen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburgs.

Grau und unscheinbar scheint sich die am Boden der Brücke angebracht Erinnerungstafel fast verstecken zu wollen. Ist das so beabsichtigt?!

Wo ist das mehrsprachige sichtbare Schild, die Tafel, eine Stele? Auf beiden Seiten des Stegs heften wir nun die Augen auf den Boden. Und siehe da: Auf einer Metallplatte, Grau in Grau, farblich kaum vom Asphalt unterscheidbar, sind vier Zeilen (jeweils deutsch und englisch) zu Feingold zu finden – aber nur, wenn gerade niemand darüber hinweg trampelt. Die Zeile www.marko-feingold.at klingt wie ein Hohn: „Lesen Sie nach, falls Sie etwas wissen wollen.“ Es ist eine Schande für die Stadt Salzburg, dass man sich erstens nicht darauf einigen konnte, Marko Feingold eine Straße oder einen Platz zu widmen (eine Postadresse, wie es sich seine Witwe Hanna Feingold gewünscht hatte), und zweitens seelenruhig zulässt, dass Menschen und Hunde auf diesem sogenannten „Gedenkstein“ stampfen und latschen. Wenigstens ein Schlössersegment des Brückengeländes, hätte man Marko Feingold frei machen können, denn er hat der Stadt so viel mehr geschenkt. Wer in der Salzburger Zivilgesellschaft noch einen Funken Feingefühl und Bewusstsein übrighat, sollte sich dafür einsetzen, dass hier schleunigst etwas geschieht.

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