Wer ihn als schmächtigen Sechsjährigen im KZ Buchenwald antraf, hätte sich wohl niemals vorstellen können, dass Israel Meir Lau einmal zum religiösen Oberhaupt des jüdischen Staates ernannt werden würde. Aber seine Familie hatte die Rabbinerlaufbahn für ihn vorgesehen, und so setzten er und sein Bruder alles daran, um diesen Auftrag zu erfüllen. Von Daniela Segenreich-Horsky
Der Weg von der Tür bis zu Rabbiner Israel Laus Schreibtisch, hinter dem er würdevoll thront, ist lang, gerade lang genug, damit er die Eintretenden, die ein Gespräch mit ihm suchen, eingehend mustern und sich ein Bild von ihnen machen kann. Auf dem Schreibtisch steht das Foto des kleinen, blonden Jungen in der Uniform der Hitlerjugend, mit dem Koffer in der Hand und dem Gewehr um die Schulter: „Ich war sehr klein für mein Alter, und es gab damals nichts anderes in meiner Größe, also hat mir ein amerikanischer Soldat nach der Befreiung diese Uniform gegeben“, erklärt er dazu in einem Video auf YouTube. Das Foto ist in vielen Publikationen zu finden, und der Koffer mit den wenigen Habseligkeiten war in dieser Zeit sein Zuhause und wurde später, als er bereits Familie und eine Wohnung hatte, zu einem wichtigen Erinnerungsstück.