Der erste Präsidentschaftswahlkampf Donald Trumps in den USA war für Reppert-Bismarck ein Eye Opener: Als sie in einer Schulklasse in einem kleinen Ort in Deutschland von damals mehrheitlich 13-Jährigen hörte, dass sich die Hälfte dieser Jugendlichen für Trump entscheiden würde und warum – sie beriefen sich zum Beispiel auf Informationen, die sie über Instagram bezogen hatten –, war ihr Vorhaben besiegelt. „Ich fand es wichtig, dass wir Journalisten auch unsere fact finding tools weitergeben.“
Inzwischen tun das mehr als 500 Journalisten und Journalistinnen, die von Lie Detectors geschult wurden, um Workshops für Kinder und Jugendliche durchzuführen. 90 Minuten dauert solch ein Besuch im Klassenzimmer und fügt sich damit gut in den schulischen Alltag ein. In der ersten Hälfte werden die Schüler und Schülerinnen zunächst gefragt, ob ihnen vorgelegte Nachrichten wahr seien oder nicht. Oft sei dann spürbar, dass man sich davon beeinflussen lasse, wie die Freundin oder der Freund das sehe.
Danach werden die einzelnen Nachrichten analysiert und gezeigt, wie man sie nachprüfen könne – das beginne beim Datum und ende bei der Quelle. Und, ja, der gesunde Menschenverstand spiele auch eine wichtige Rolle. Erreichen will Reppert-Bismarck so auch, dass nicht gleich geteilt, sondern eben zunächst überlegt werde, ob die zum Beispiel als Meme verbreitete Botschaft überhaupt stimmen könne.
Spielerisch abgefragt wird hier zu Beginn auch das den jeweiligen Kindern und Jugendlichen eigene Vokabular: „Wir wollen da nicht mit Erwachsenen-Begriffen kommen wie Propaganda. Wenn die Kids sagen, das ist Clickbait oder Mobbing, sind wir an einem Punkt gelandet, an dem sie begreifen können, dass man im Internet leicht Meinungen beeinflussen und damit durchaus auch Geld verdienen kann.“
Teil zwei der Workshops widmet sich dann dem journalistischen Alltag. Wie entstehen Nachrichten? Aber auch: Wie können Fehler passieren? Alle Journalisten sind angehalten, auch über ihre eigenen Hoppalas und Fehlleistungen zu erzählen. Die Schüler würden so lernen, zwischen vorsätzlichen Lügen und Journalismus, der es nicht immer hundertprozentig schafft, korrekt zu sein, zu unterscheiden. „So können wir erreichen, dass die Jugendlichen wissen, dass es manchmal zu fehlerhaftem Journalismus kommt, Journalismus aber dennoch nicht insgesamt als Lügenpresse abtun.“
Die Rückmeldungen von Lehrern und Lehrerinnen zeigen: Der Bedarf an solchen Workshops sei hoch. Die Pädagogen selbst hätten aber oft eine Scheu, sich beim Thema Medienkompetenz einzubringen. Zu groß sei die Sorge, hier in politische Debatten verstrickt zu werden. Das sei aber gar nicht nötig. Auch die Lie Detectors geben den Kids nicht vor, was sie zu denken hätten. Sie würden ihnen vielmehr helfen, sich ihre eigene Meinung zu bilden – auf Basis von gesicherten Fakten. Und vor allem: ihnen vermitteln, dass es sich immer lohnt, kurz innezuhalten und nachzudenken, bevor sie auf Social Media Inhalte weiterverbreiten.
Lie Detectors hat sich daher nun einen neuen Schwerpunkt gesetzt. In den kommenden Jahren sollen neben Journalisten auch Lehrer ausgebildet werden, um solche Medienkompetenz-Trainings durchzuführen. „Inzwischen haben wir lange Wartelisten für unsere Workshops, sodass wir den Bedarf gar nicht mehr erfüllen können.“ Über die Ausbildung von Lehrern zu Trainern können in Zukunft noch wesentlich mehr Jugendliche erreicht werden. Reppert-Bismarck hat sich aber auch noch ein zweites Ziel gesteckt: Sie will in osteuropäische Länder expandieren.