Tobaron Waxman nimmt religiöse Rituale genauso ernst wie sexuelle Utopien. Von Thomas Edlinger
Ein vollbärtiger Mann im schwarzen Anzug pflügt mit einem elektrischen Haarschneider durch Bart und Kopfhaar. Konzentriert wird in den Spiegel geblickt, die dunklen Büschel fallen in eine Glasschüssel, als ob sie Reliquien wären. In wenigen Minuten wird weder vom Vollbart noch von der Frisur etwas übrig, dafür wird sein Gesicht weiß geschminkt sein. Der Mann wird dann auf jiddisch und hebräisch alte und neue Lieder singen, die von einem Anderswerden voller Hoffnung erzählen. Sogar Lou Reeds Candy Says wird in dieser flüchtigen Besetzung des Museumsraums durch unbehauste Töne dabei sein.
Tobaron Waxman macht eine solche Performance nicht zum ersten Mal. Schon 2000 hat er sich in einem fünftstündigen Akt seiner Haare entledigt und die Strähnen in einem Kunstraum von der Decke baumeln lassen. Opshernish bezog sich auf die rituelle Abscherungszeremonie des bis dahin ungeschnittenen Haupthaars, die orthodoxe jüdische Buben im Alter von drei Jahren erfahren. Damit wird traditionell nicht nur der Eintritt in das religiöse Leben, sondern auch die sexuelle Identität als Mann festgelegt.