Seit Kurzem fördert die erste Tiefseebohrung vor der israelischen Küste Gas. Das kann langfristige Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft und Regionalpolitik haben. Von Reinhard Engel
Schätzungen gehen für Tamar von einem Umfang von 240 Mrd. Kubikmetern aus. Um diese Zahl plastischer zu machen: Das entspricht etwa dem zweieinhalbfachen deutschen Gasjahresverbrauch oder 50 Verbrauchsjahren in Israel (vor dem Fund, denn die Nachfrage dürfte jetzt mit zusätzlichen Nutzern doch deutlich steigen). Das nahe Feld Leviathan, das bereits angebohrt wurde, könnte doppelt so ergiebig sein. Es soll ab 2016 Energie liefern.
Zum Vergleich ein kurzer Blick auf die jüngsten Gasfunde in Osteuropa: Anfang 2012 meldete Petrom, die rumänische Tochter der österreichischen OMV, man habe gemeinsam mit ExxonMobil in Rumänien ein großes Feld gefunden: im Schwarzen Meer, 170 Kilometer vor der Küste, in einer Wassertiefe von mehr als 900 Metern. Die Erwartungen liegen bei 42 bis 84 Milliarden Kubikmeter Gas, also einer erheblichen Größenordnung, aber doch nur ein Bruchteil jener im Mittelmeer.
Abnahmeverträge
In Israel – wo derzeit noch mehr als die Hälfte des Stroms in alten, umweltfeindlichen Kohlemeilern erzeugt wird – investiert man bereits seit mehreren Jahren in neue Gaskraftwerke. Energieintensive Industrieunternehmen haben in den letzten Monaten langfristige Abnahmeverträge abgeschlossen. Die Konsumenten in Israel, die in den letzten Jahren wiederholt teils kräftige Strompreiserhöhungen hinnehmen mussten, dürfen sich aber keine allzu großen Hoffnungen über schnelle Entlastungen machen.
Zwar ist jetzt die Zeit der Unsicherheit vorbei, weil Anschläge auf die Leitungen aus Ägypten keine Rolle mehr spielen. Aber Suche und Förderung in großen Meerestiefen erweisen sich als sehr teuer. Erst vor wenigen Wochen legte Delek, der wichtigste israelische Energiekonzern, der dort Lizenzen besitzt, in New York eine neue Anleihe um insgesamt zwei Mrd. US-Dollar auf. Und auch die Sicherheit der Fördereinrichtungen gibt es nicht umsonst. Die israelische Marine braucht dafür zusätzliche Patrouillenboote, neue elektronische Überwachungseinrichtungen und mehr Personal.