Als ungarisches Flüchtlingskind zwischen einer selbstlosen Baronin und einem verkappten Nazi-Nachbarn gab es auch viel Opernmusik und jüdisches Bewusstsein. Von Marta S. Halpert
Der Geruch ist jederzeit abrufbar. Auch das Bild haftet noch über Jahrzehnte im Kopf. Eine kleine, zarte Frau mit großer Schürze beugt sich über einen hellgrauen, runden Aluminiumbottich, auf dem ein raues, rechteckiges Holzgitter liegt. Flink streut sie grobkörniges Salz auf die rohen Fleischstücke und wendet diese mehrmals hin und her. Nach mehr als einer halben Stunde ist jeder Blutstropfen dem Fleisch entwichen, es schimmert silbrig-rosa bis weiß. Sämtliches Zubehör zum wöchentlichen Ritual des Fleisch-koscher-Machens, also des Kascherns, stand am Eingang zur winzigen Küche und die Witterung des blutentleerten salzigen Fleisches lag über der ganzen Wohnung.