Die junge Historikerin Victoria Kumar zeichnete die Lebenswege aus der Steiermark vertriebener Juden auf. Von Anita Pollak
Einen typisch österreichischen Namen sollte das Schiff tragen, auf dem sie Palästina erreichen wollten. An Bord der so genannten „Lisl“ gelangten im Juni 1939 über 200 steirische Juden illegal nach Haifa, wo sie von britischen Polizeischiffen abgefangen wurden, doch letztlich nahm der „Lisl“-Transport einen vergleichsweise guten Ausgang und einige der damaligen Emigranten leben noch immer im heutigen Israel. 18 Juden (und zum Teil deren Angehörige ) aus der Steiermark hat Victoria Kumar dort aufgesucht und sie ihre Lebensgeschichten erzählen lassen, die Geschichten ihrer Familien, ihrer Jugendjahre, ihrer Emigration, ihres Neuanfangs, ihre Erinnerungen an die verlorene Heimat und ihre heutigen Beziehungen zu ihr.
Ein einjähriges Stipendium in Jerusalem ermöglichte es der jungen Historikerin viele Tage und Stunden mit den betagten Menschen zu sprechen, die sie besonders herzlich aufnahmen. „Es war ein Großeltern-Enkel-Verhältnis, oft ist es sogar mehr um mich gegangen“, erzählt die Tochter eines Inders und einer steirischen Mutter, die vor ihrem Studium eine Tourismusausbildung in Gastein beendete. Zur jüdischen Geschichte ist sie bereits durch das Thema ihrer Diplomarbeit Der jüdische Paria bei Hannah Arendt gestoßen und hat sich nach einem ersten Aufenthalt in Israel entschlossen, ihre Dissertation der „Auswanderung und Flucht steirischer Jüdinnen und Juden nach Palästina“ zu widmen. Im nun vorliegenden Buch hat sie darüber hinaus auch weitere Exilländer und Archivmaterial, etwa Interviews aus der Shoa Foundation, miteinbezogen.