Bisweilen lesen sich die Schilderungen von Perls Heldentaten wie wilde Raubersgeschichten: Selbst vor Adolf Eichmann hatte er demnach keine Angst. Mehrmals kreuzten sich die Wege der beiden Männer, beginnend mit der Episode, als Perl die Chuzpe hatte, 1938 gerade Eichmann nach dessen Ankunft in Wien seinen Vorschlag zu unterbreiten, wie durch groß angelegte Transporte Wien „judenrein“ gemacht werden könnte. Eichmann lehnte übrigens ab. „Aus diesen Transporten wird nichts. Wir brauchen keine Verbrecherzentrale in Palästina. Die Juden werden atomisiert.“ Was das bedeutete, war in diesem Moment noch gar nicht zu begreifen.
Perls Unterfangen wollte zunächst nicht und nicht in Gang kommen und war in der Folge von Schwierigkeiten über Schwierigkeiten gezeichnet. Doch fast schon filmlike löst er jedes Problem, meist mit kleineren oder größeren Schwindeleien, Tricksereien und, siehe Eichmann, jeder Menge Mut. Er ging den Nazis nicht aus dem Weg, sondern versuchte sie, ganz im Gegenteil, in seine Pläne einzubinden. Die Nationalsozialisten wollten keine Juden mehr haben, und Perl verstand sich seit vielen Jahren als Zionist. Das, so meinte er, ließe sich verbinden.
Er verstand aber auch, wann sich die Schlinge zu fest zuzog: Als sein waghalsiges Taktieren mit Visa und Reisen quer durch Europa mit einer Auslieferung an Deutschland zu enden drohte, entzog er sich dieser durch einen vermeintlichen Selbstmordversuch – er schnitt sich die Pulsadern auf. Über Lissabon und Mosambik gelangte er schließlich 1941 in die USA.
Fast schon film- like löst er jedes
Problem, meist mit kleineren
oder größeren Schwindeleien,
Tricksereien und jeder Menge Mut.
Robert Lackner, Historiker und Mitarbeiter am Grazer Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, nutzte als Quellen vor allem Willy Perls Nachlass in der Gelman Library der George Washington University und die Bestände im Archiv des Jabotinsky Institute in Tel Aviv, der National Archives in London, des Archivs für Zeitgeschichte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich und des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. In seiner Erzählung folgt er aber vor allem Perls 1979 unter dem Titel The Four-Front War erschienenen Memoiren.
Die Schuld am Schicksal der Juden wies er darin nicht nur den Nationalsozialisten zu. Er habe einen „Krieg an vier Fronten“ zu kämpfen gehabt, schrieb er: gegen Deutschland, gegen Großbritannien und dessen Einwanderungspolitik nach Palästina, gegen das jüdische Establishment, das sein Vorhaben ablehnte, und schließlich gegen die Elemente, also die Stürme, die raue See, die Kälte, den Hunger und die Epidemien. Wie viele Menschen Perl insgesamt retten konnte, diese Zahl ließe sich nicht exakt bestimmen, hält Lackner fest. Es seien aber mindestens 8.000 Personen auf insgesamt 14 Transporten gewesen. Gegen Ende seines Lebens wurde er dafür auch mehrfach ausgezeichnet. Er erhielt die Jabotinsky Centennial Medal, einen Orden des Simon Wiesenthal Center in Los Angeles sowie Ehrungen des US-Senats und von US-Präsident Ronald Reagan. 1990 wurde ihm das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen. Willy Perl starb 1998 92-jährig in seinem Haus in Beltsville, Maryland.