Am Freitag erfolgte mit der Herausnahme des ersten Wandpaneels auf der Frauengalerie im ersten Stock der Start für die Restaurierung des Wiener Stadttempels, der rechtzeitig zu den Hohen Feiertagen im kommenden Jahr anlässlich seines dann 200jährigen Bestehens restauriert und technisch modernisiert in neuem Glanz erstrahlen soll. Das Paneel wird Teil eines Kunstwerks von Gottfried Helnwein, das die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet.
Großformatige Fotoporträts von Kindern aus der jüdischen Gemeinde Wiens zierten an diesem Freitag den Stadttempel. Eines von ihnen – welches, wird erst bei der Präsentation des fertigen Kunstwerks preisgegeben – wird vom österreichischen Künstler Gottfried Helnwein auf Leinwand gemalt und diese danach auf das Paneel aufgespannt werden. Den Erlös aus der Versteigerung des Bildes spendet Helnwein für die Restaurierungsarbeiten.
10,5 Millionen Euro wird nach derzeitigen Schätzungen die Sanierung des vom Architekten Josef Kornhäusel errichteten und 1826 eröffneten Stadttempels kosten. Ein Drittel davon wird vom Bund finanziert, ein Drittel von der Stadt Wien und ein Drittel soll über Fundraising aufgestellt werden. In diesen Topf wird auch jene Summe fließen, die schließlich für den Verkauf des Kinderporträts erzielt werden wird.

Helnwein betonte im Rahmen einer Pressepräsentation in der Synagoge, der Stadttempel stehe auch für die Kontinuität von Juden, von jüdischem Leben in Wien. Die Synagoge in der Seitenstettengasse ist die einzige, die in Wien in der NS-Zeit nicht zerstört wurde, betonte zuvor IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele. Er meinte, er stehe heute mit „ein bisschen Wehmut“ in diesem Raum.

Helnwein hatte vergangenen Juni Kinder der Wiener jüdischen Gemeinde zu einem Casting aufgerufen – zehn von ihnen wurden schließlich fotografiert, manche mit offenen, manche mit geschlossenen Augen, manche von vorne, manche von hinten. Diese zehn Porträts hängen nun zum Baustart in der Synagoge – und sollen darauf hinweisen, dass es um die Zukunft geht. „Kinder sind ein wesentlicher Teil meiner Arbeit“, betonte Helnwein, „sie sind die nächste Generation“. Sie würden aber auch dafür stehen, „dass Juden immer ein Teil von Wien sein werden“.

Eric Tschaikner und Natalie Neubauer von KENH Architekten, die für die Restaurierungsarbeiten in Abstimmung mit dem Denkmalamt verantwortlich zeichnen, verwiesen auf die 200jährige Geschichte des Sakralbaus, in der es zu mehreren Umbauten beziehungsweise Adaptierungen gekommen sei. Der Stadttempel hat die NS-Zeit zwar überdauert, wurde dabei aber massiv beschädigt.
Man habe sich intensiv mit den historischen Plänen und dem Konglomerat aus Elementen aus verschiedenen Epochen auseinandergesetzt und schließlich gemeinsam mit den Denkmalschützern beschlossen, dass sich dieser Mix auch im rundumerneuerten Stadttempel widerspiegeln soll. Optisch sei also kein massiv neues Erscheinungsbild zu erwarten, so Tschaikner. Neubauer unterstrich, dass auch Barrierefreiheit, Brandschutz, Raumklima, Akustik, Energieeffizienz, Licht und nicht zuletzt das wichtige Thema Sicherheit mitgedacht würden. „Es geht darum, das Gebäude auch technisch zukunftsfit zu machen.“
Neubauer gab zudem zu bedenken: die Synagoge sei nicht nur Gemeinschaftsraum für die Wiener jüdische Gemeinde. Der Stadttempel ist auch eine Wiener Sehenswürdigkeit, die von Schulklassen und jedes Jahr von an die 12.000 Interessierten aus dem In- und Ausland aufgesucht werde. Unter ihnen finden sich auch immer wieder Nachfahren von Wiener Juden, so Tschaikner. Hier soll eine Reorganisation der Abläufe dafür sorgen, dass der Stadttempel leichter zugänglich und eben auch funktionaler gestaltet wird. So wird es künftig auch einen Infopoint für Besucher und Besucherinnen geben.

Das Architektenteam von KENH © Christine Schmidl; MEINRAD HOFER
Oberrabbiner Jaron Engelmayer betonte, umbaubedingt werden die täglichen Gebete ab kommender Woche im Gemeindezentrum abgehalten. Laut Neubauer ist die Bauzeit mit rund sieben Monaten knapp bemessen, nur so gehe sich aber die Fertigstellung der Phase eins vor den Hohen Feiertagen im Herbst 2026 aus. Die Phase eins der Restaurierungsarbeiten umfasst die Synagoge, das Foyer und das Vestibül sowie die Zugänge auf allen Geschossen. Im Anschluss ist geplant in Phase zwei das Gemeindezentrum und die Fassade zu modernisieren beziehungsweise zu restaurieren.
Lesen Sie auch unsere Interviews zu den Sanierungsarbeiten mit Natalie Neubauer und Eric-Emanuel Tschaikner, sowie mit IKG-Präsidenten Oskar Deutsch
Infos und Spendemöglichkeiten: www.stadttempel.at


























