„Herzls Töchter. Wiener Frauen für Israel“

Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Wien soll 100 Jahre WIZO-Geschichte spiegeln.

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Familienministerin: Sophie Karmasin in der Kindertagesstätte Recho­vot, Israel, 2016. © WIZO-Archiv

In einem Jahrhundert wechselvoller Geschichte der WIZO wird es im Rückblick nur eine winzige Fußnote gewesen sein, dass die für November geplante Eröffnung einer Ausstellung, die eben jener Geschichte gewidmet ist, einer globalen Pandemie zum Opfer fallen und um Wochen verschoben werden musste.
Die WIZO hat schon mehr erlebt und überlebt. Doch was ist die „Women’s International Zionist Organisation“? Wofür steht sie, was macht sie, international, in Israel und in Österreich, und wer macht sie bzw. wer macht sie aus?
Fragen, die hierzulande wohl niemand besser beantworten kann als Dr. Hava Bugajer, langjährige Präsidentin und nunmehr höchst engagierte Ehrenpräsidentin, und Rita Dauber, seit Jahrzehnten „graue Eminenz“, Mastermind und Strippenzieherin. Im Doppelinterview vor den Vorhang geholt, leuchten sie ganz persönlich Vorder- und Hintergründe der WIZO-Szene aus.

Die WIZO erfüllte in diesen Jahren eine wichtige Funktion im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der aufstrebenden jüdischen Gemeinde.

Die Anfänge. Doch vorerst ein kurzes Streiflicht auf die lange Geschichte, die 1920 mit der Gründung der zionistischen Frauenvereinigung durch die charismatischen Pionierinnen Rebekka Sieff und Vera Weizmann in London ihren Ausgang nahm. Die schon bald danach ins Leben gerufene WIZO-Gruppe in Wien und mehreren Bundesländern konnte auf bereits bestehende zionistische Frauenorganisationen, ganz früher „Töchter Herzls“, aufbauen.
Schnell fand die WIZO Österreich mit steigenden Mitgliederzahlen einen Platz im jüdischen Leben des Landes. Blickrichtung war und blieb stets die Aufbauarbeit in Palästina, auf welche junge Frauen geschult und vorbereitet wurden. 1939, vor der erzwungenen Schließung des Wiener Büros, konnte die damalige Präsidentin Sophie Löwenherz die Emigration von zahlreichen, aber letztlich dennoch viel zu wenigen WIZO-Schülerinnen nach Palästina organisieren, was de facto deren Lebensrettung bedeutete.

Plakat zum 50. Jahrestag der WIZO, 1970. © WIZO-Archiv

Nachkriegszeit. Bereits in den ersten Nachkriegsjahren wurde in Wien der Keim für eine neue WIZO gelegt, aber der sollte erst später in einem ganz eigenen Biotop zögerlich aufgehen. Wien war für viele Überlebende der Schoah, die hier gestrandet waren, zunächst nur als eine Zwischenstation gedacht. Doch langsam wurden die Koffer ausgepackt, man gründete Existenzen, Kinder kamen zur Welt, die meist keine Großeltern, keine Tanten und Verwandten hatten. Ein unbändiger Lebenshunger kennzeichnete diese jungen Familien. Man wollte ausgehen, feiern, dabei aber möglichst unter sich bleiben, denn so recht willkommen fühlte man sich hier nicht. Und der mittlerweile gegründete Staat Israel blieb ein Sehnsuchtsort, den man zumindest nach Kräften unterstützen wollte.
Die WIZO erfüllte in diesen Jahren eine wichtige Funktion im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der aufstrebenden jüdischen Gemeinde. Legendär die WIZO-Jausen, zu denen die Damen stolz in ihre neu ausgestatteten Wohnungen luden, die WIZO-Bazare, bei denen die eleganten Roben ausgeführt werden konnten. Künstler wurden eingeladen, es wurde getanzt und gesungen. Dass dabei als eine Art Selbstbesteuerung reichlich Geld für WIZO-Projekte in Israel gesammelt wurde, war ganz und gar selbstverständlich, und mit zunehmenden Aktivitäten entwickelten sich auch diese Projekte. Zwei Kindertagesstätten wurden mit Hilfe von Spenden der WIZO Österreich eröffnet, weitere zwei für Kinder aus unterprivilegierten Einwandererfamilien aus Äthiopien subs-
tanziell unterstützt.

WIZO-Österreich zum 100. Geburtstag der weltweiten WIZO-Organisation. © WIZO-Archiv

Generationenwechsel. Mit der Hausfrauen-Charity ihrer Mütter konnte die nächste Generation junger Frauen nicht mehr viel anfangen und gründete in den 1980er-Jahren eine eigene WIZO-Aviv-Gruppe. Originelle Events wie die Broadway-Show entsprachen ihrem neuen Stil. Mittlerweile sind auch deren Protagonistinnen bereits Großmütter geworden, und einige von ihnen sind spät, aber doch nach Israel ausgewandert.
Die WIZO Österreich steht wieder vor einem Generationenwechsel und setzt ihre Hoffnungen auf die Enkelinnen der ersten Nachkriegsgeneration. Sich immer wieder neu zu erfinden, immer wieder neue Wege zum stets gleichbleibenden Ziel – der Unterstützung hilfsbedürftiger Kinder und Frauen in Israel – zu entdecken, macht die Kraft der WIZO aus.

WIZO Facts & Figures

WIZO (Women’s International Zionist Organisation) ist mit etwa 250.000 Mitgliedern in mehr als 50 Ländern der Welt vertreten.
Die Organisation ist zionistisch, unabhängig und überkonfessionell ausgerichtet. Ihre Mitglieder sind ehrenamtlich tätig.
In Israel werden rund 800 Einrichtungen für hilfsbedürftige Kinder, Jugendliche und Frauen von der WIZO betreut. Ebenso werden Bildungseinrichtungen und Programme gegen häusliche Gewalt für Frauen und Männer gefördert.
Die WIZO Österreich unterstützt zwei Kindertagesstätten und eine technologische Schule für Jugendliche aus problematischen Familienverhältnissen in Rechovot.

 

Lese auch: „Die WIZO-History als Her-Story“. Hava und Rita − zwei WIZO-Aktivistinnen im Dialog.

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