Sie ist seit mehr als 25 Jahren Gemeindevorsitzende, engagiert sich auf Präsidialebene im World Jewish Congress und wird trotz ihrer 80 Jahre nicht müde, jüdisches Leben in Deutschland zu gestalten. Dr. h. c. Charlotte Knobloch sprach mit Esther Graf exklusiv über das Engegement jüdischer Frauen heute.
wina: Sie sind seit 1985 Präsidentin der IKG München. Waren Sie die erste Frau in einer jüdischen Gemeinde in Deutschland, die ein solches Amt bekleidete? Wie kam es dazu?
Charlotte Knobloch: Ich war wirklich die erste Frau, die ein solches Amt bekleidet. Als man mir das angetragen hat, war ich in Israel, meine Tochter hat gerade ihr zweites Kind bekommen. Telefonisch wurde ich aufgefordert, dass ich doch als Präsidentin kandidieren möchte, man würde sich das wünschen. Meine erste Rückfrage war: Ja, was sagen denn die Rabbiner dazu? Daraufhin hat man mir gesagt, dass man nachfragen werde. Ich war sicher, dass die nein sagen werden. Mir hätte das auch überhaupt nichts ausgemacht, ich wollte diesen Job ja gar nicht. Für mich war der Sozialbereich, in dem ich mich intensiv engagiert habe, sehr wichtig. Der Rückruf kam am nächsten Tag. Zu meiner Verwunderung, denn wir sind ja eine orthodox geführte Gemeinde, hatten die Rabbiner zur damaligen Zeit überhaupt nichts dagegen. Damit musste ich zurück nach München, wo ich in der konstituierenden Vorstandssitzung zur Vorsitzenden der Gemeinde gewählt wurde. Ich war tatsächlich die erste Frau, die in der Bundesrepublik einer jüdischen Gemeinde vorstand. Heutzutage muss man die Männer suchen und die Frauen sind in der Überzahl, die eine Gemeinde führen, und ich finde das auch ganz gut so.