Hinter das Gesagte schauen

Der NLP-Experte Walter Ötsch und die Falter-Journalistin Nina Horaczek entzaubern in ihrem Buch Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung das Agieren (rechts)populistischer Parteien. Klar wird bei der Lektüre: Ausrutscher zum Beispiel in Richtung Nazi-Ideologie sind durchaus gewollt und passieren nicht einfach. Sie schaffen mediale Aufmerksamkeit.

1998

WIR und die ANDEREN: Das sind die beiden Kategorien, mit denen Populisten arbeiten. Wobei Ötsch und Horaczek in ihrem teils fast schon satirischen Leitfaden, wie man zu einem guten Populisten wird, eines klar machen: Wer WIR ist und wer die ANDEREN, das kann sich immer wieder ändern. Gruppen, die rhetorisch bekämpft wurden, können sich in einer neuen Konstellation zu einem Teil des WIR entwickeln.
Beispiel FPÖ: Wer erinnert sich nicht an die so genannten „Ausländerwahlkämpfe“? Doch irgendwann machte Parteichef Heinz-Christian Strache Serben in Österreich zum WIR. Andererseits werden auch Menschen, die eigentlich der Gruppe WIR angehören sollten, weil sie zum Beispiel in den Augen der FPÖ „echte Österreicher“ sind, zu den ANDEREN, zum Beispiel, weil sie so genannte Gutmenschen sind, die sich etwa für Geflüchtete einsetzen. Niemand ist also gefeit davor, vom Freund zum Feind zu mutieren.

„Je öfter wir Demagogen in den Vordergrund stellen,
desto größer machen wir sie.“

aus Populismus für Anfänger

 

Inhalte statt Dämonisierung. Um diese Spaltung aufrechtzuerhalten, greifen Populisten zu jedem Mittel, das sich dafür anbietet. Dazu gehört auch durchaus, mit Unwahrheiten zu operieren, anderen bewusst Falsches zu unterstellen, mit Zahlen zu operieren, die keinem Faktencheck standhalten. Es gilt: Ist die Lüge oft genug wiederholt, setzt sie sich in den Köpfen der Menschen fest. Horaczek und Ötsch belegen das mit vielen Beispielen und haben sich dafür nicht nur Aussagen und Strategien der FPÖ angesehen, sondern von Populisten europaweit – vom Front National in Frankreich bis zur AfD in Deutschland.
Hilfreiche Tipps geben die beiden Autoren im richtigen Umgang mit populistischen Parteien, an deren Spitze oft Demagogen stehen: Man soll sie nicht unterschätzen, sie andererseits aber auch nicht dämonisieren; man soll ihre Wähler nicht verteufeln und andererseits Eliten, die von Populisten oft zum Feindbild hochstilisiert werden, dennoch nicht unkritisch verteidigen. Im persönlichen Gespräch macht es wenig Sinn, darauf hinzuweisen, dass die Zahlen falsch oder die Anschuldigungen erfunden sind. Ötsch und Horaczek empfehlen, im Gegenzug um eine genauere Definition der verwendeten Begriffe zu bitten. Solche Fragen wären zum Beispiel: „Sagen Sie mir: Was meinen Sie genau mit Volk? Gehöre ich auch dazu?“ oder „Wer sollte ‚die Elite‘ sein?“
Anderen Parteien raten die Autoren, sich weniger mit der Empörung über Populisten aufzuhalten und sich auch inhaltlich nicht deren Programm anzunähern, sondern sich auf das Eigene zu konzentrieren. Denn: „Je öfter wir Demagogen in den Vordergrund stellen, desto größer machen wir sie.“ Wirksame Strategien seien: „Eigene Inhalte in den Vordergrund stellen, zu den eigenen Werten stehen, Sachlichkeit mit Emotion verbinden, Positivbilder gegen Negativbilder, den Humor nicht vergessen.“

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