Hoffnung auf Israel

2016

Vor genau 25 Jahren brachte die „Operation Salomon“ mehr als vierzehntausend äthiopische Juden nach Israel. Doch Tausende weitere wurden zurückgelassen. Ronnie Niedermeyer besuchte im Norden von Addis Abeba eine jüdische Gemeinde, deren Mitglieder immer noch auf ihre Einreisegenehmigung nach Israel hoffen.

Text und Fotos: Ronnie Niedermeyer   

Am nördlichen Stadtrand der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba hat eine Gemeinde von rund 20 Personen in einer kleinen Hütte eine Synagoge eingerichtet. An den Wänden hängen Bilder der Altstadt Jerusalems und der Klagemauer. Zu beiden Seiten des Raumes stehen blaue Plastikstühle im kühlen Licht von zwei Energiesparlampen. Links sitzen die Frauen, rechts die Männer. Sie beten, dass sie bald nach Israel dürfen, wo ihre Familien bereits auf sie warten.

„Ein freies Volk in unserem Land Zion zu sein.“
(aus HaTikwa)

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Die Mitglieder der Gemeinde HaTikwa in Addis Abeba hoffen immer noch auf eine Rückführung nach Israel. Viele Familienmitglieder haben es durch die Luftbrücken zwischen Äthiopien und Israel seit 1984 in das Land ihrer Hoffnungen geschafft. Etwa 9.000 warten noch auf die Ausreise.

Unter dem Decknamen „Operation Salomon“ transportierte das israelische Militär binnen sechsunddreißig Stunden 14.325 Juden von Äthiopien nach Israel. Die Aktion vom Mai 1991 gilt als größte Luftexpedition in der Geschichte beider Länder. Mit der „Operation Moses“ waren bereits 1984/85 etwa 8.000 äthiopische Juden nach Israel gekommen; die letzte Rückholoperation fand 2011 unter dem Decknamen „Taubenflügel“ statt. Schätzungen nach gibt es in Äthiopien derzeit noch 9.000 Juden, die von der Knesset als solche lange Zeit nicht anerkannt wurden. Die meisten leben in den Dörfern um die mittelalterliche Stadt Gondar im Norden des Landes. Dort werden sie als „Falascha“ bezeichnet, was so viel wie Außenseiter oder Heimatloser bedeutet. Selbst nennen sie sich „Beta Israel“, das Haus Israels auf Amharisch – und in der Tat betrachten sie das Land im Nahen Osten auch als ihr Zuhause. Ihre Muttersprache, Amharisch, die wichtigste Verkehrssprache Äthiopiens, gehört wie Hebräisch und Arabisch zur semitischen Sprachfamilie.

Im November 2015 erklärte die israelische Regierung ihr Vorhaben, diesen letzten Juden Äthiopiens ab März 2016 die Alija zu ermöglichen. Viele von ihnen verkauften darauf ihr Hab und Gut und kamen nach Addis Abeba, wo sie sich in der Nähe der israelischen Botschaft einquartierten. Doch unmittelbar vor dem geplanten Termin kam aus dem Büro des Premiers Netanjahu plötzlich eine Absage: Die Einbürgerung dieser Bevölkerungsgruppe könne aus finanziellen Gründen derzeit nicht stattfinden. Am 20. März demonstrierten in Jerusalem rund zweitausend Menschen gegen diese Entscheidung.

Die kleine Gemeinde im Norden von Addis Abeba nennt sich „HaTikwa“, Hoffnung. So heißt auch die Nationalhymne der von ihnen ersehnten Heimat. Wer dieses Lied kennt, erinnert sich an seine letzte Zeile: „Ein freies Volk in unserem Land Zion zu sein.“ Doch diese Hoffnung ist noch nicht für alle Beta Israel in Erfüllung gegangen.

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