Ein Hollywood-Star in Tel Aviv

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Michael Douglas ist jetzt der zweite Träger des jüdischen Nobelpreises, der ihm gerade in Israel überreicht wurde. Während seines Besuchs stellte er Shimon Peres und Natan Sharansky ein paar Fragen. Von Gisela Dachs

Nichts wirkt auf dieser Bühne dem Zufall überlassen. „Important Jewish Voices for Peace“ steht auf dem Plakat mit einem fliegenden Schmetterling als Kulisse. Die purpurroten Krawatten der beiden Hauptdarsteller werden gleich genau abgestimmt sein mit den gezeichneten Farben im Hintergrund. Dahinter breitet sich das echte blaue Mittelmeer aus – zu sehen durch die Fensterfront des Peres Center for Peace in Jaffa-Tel Aviv. Eine detaillierte Inszenierung und ein Beweis dafür, dass der einstige Präsident Shimon Peres auch jetzt, mit 92, sich noch längst nicht in den Ruhestand begeben hat. Das Publikum an diesem Morgen besteht aus jungen Gesichtern, sie tragen T-Shirts mit dem Birthright-Logo, wollen also im Rahmen eines organisierten Trips ihre jüdischen Wurzeln mit Israel-Kenntnissen verbinden. Dem Sprachengewirr nach zu urteilen kommen sie vor allem aus den USA, Kanada, Frankreich und Südamerika.

Mit 70 sei er doch ein Baby, stellt Peres im Laufe der Diskussion einmal fest.

Dann kommt Michael Douglas die Treppe herunter, schwer angegraut, aber leichtfüßig. Behende. Mit 70 sei er doch ein Baby, stellt Peres im Laufe der Diskussion einmal fest. Was Douglas von seinem vielleicht noch berühmteren (jüdischen) Vater Kirk Douglas erzählen lässt. Der soll – mit 98 –  über Peres’ jugendliches Alter geschwärmt haben, als ihm sein Sohn von seinem geplanten Treffen mit diesem erzählte. („Oh, ich wäre so gerne noch einmal jung!“) .

Auf dieser Bühne darf aber vor allem Douglas die Fragen stellen, und an Peres’ Seite sitzt Natan Sharansky (ohne Krawatte), der – als Vorsitzender der Jewish Agency und weltberühmter Freiheitskämpfer – ebenfalls antworten soll. Drei lebende Legenden auf einer Bühne sozusagen.

Michael Douglas, der in seiner Funktion als Hollywood-Star auch UN-Friedensbotschafter ist, fragt nach den Plänen der neuen israelischen Regierung, will wissen, ob ihr das Ziel vom Frieden abhanden gekommen sei. Direkt angesprochen, betont Sharansky, dass der Frieden nicht das Eigentum der Linken sei, genauso wenig wie der Zionismus allein den Rechten gehöre. Die Frage sei doch, welche Risiken man heute eingehen wolle, nach dem Abzug aus Gaza 2005, der zum Raketenhagel auf Israel geführt hat – und jetzt, nachdem Mahmud Abbas entschieden habe, sich  statt zu verhandeln lieber an die Vereinten Nationen zu wenden.

Zum Dank bekam Michael Douglas am Schluss einen Stammbaum überreicht, der ihn als einen Verwandten des aktuellen Bürgermeisters von Beer Shewa ausweist.

Dann wendet sich Douglas an Peres. Was sich denn verändert habe in Israel, wenn er zurückblicke? „Israel ist viel großartiger und stärker,  als wir es uns vorgestellt hatten; wir haben viele Kriege hinter uns, aber auch Frieden geschlossen“, antwortet Peres. Unbeirrt glaubt er weiter daran, dass man sich mit den Palästinensern einigen könne, auch wenn beide Seiten behaupteten, dass es sehr schwer sei, mit der jeweils anderen zu verhandeln. Für ihn gibt es keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung. „Mahmud Abbas ist ein sehr seriöser Mann, ich kenne ihn seit 40 Jahren. Wenn so einer sagt: Ich bin in Zfat geboren und habe nicht vor, dorthin zurückzukehren, dann beweist das viel Mut. Ich glaube, dass er ein Partner ist.“

Kann man einfach zuschauen, was in Syrien passiert?, fragt Douglas. Darf man da gleichgültig bleiben? Sharansky verweist auf das Krankenhaus in Zfat, das er gerade besucht hat und in dem syrische Verwundete, vor allem viele Kinder, behandelt werden. Peres sieht die gemeinsamen Fronten gegen Terror, die im Nahen Osten zu neuen Allianzen geführt haben. Zur Frage nach der BDS-Bewegung, die gerade viel in den Schlagzeilen ist, sagt Sharansky, dass es nicht möglich sei, Israel wirtschaftlich zu schwächen, aber deren Ziel sei es vielmehr, die Verbindung von Juden zu Israel zu schwächen. Peres sieht in dem Boykott eine „Antifriedensbewegung“, da der Dialog ausgeschlossen werde.

Schließlich wird es doch noch persönlich. Michael Douglas erzählt vom siebzigsten Geburtstag seines Vaters, der damals einen Flugzeugabsturz überlebt hatte, was ihn näher zu seinen jüdischen Wurzeln brachte. Bei ihm sei es in diesem Alter der Wunsch seines 12-jährigen Sohns nach einer Bar Mitzwa gewesen, das habe ihn spiritueller gemacht. Was Israel anbelangt (wo die Bar Mitzwa 2014 gefeiert wurde), meldet Douglas ein Erklärungsbedürfnis an. Israel müsse seine „Narrative“ definieren, denn die seien nicht so klar, wie sie sein sollten. Was Sharansky dazu bringt anzumerken, dass nicht Frieden im Zentrum der jüdischen Werte stehe, sondern Freiheit. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Araber um uns herum frei sein wollen.“

Als Friedensbotschafter beschäftigt sich Doug-las mit dem Thema Abrüstung; er hält die atomare Bedrohung und „dirty bombs“ für die derzeit größte Gefahr. Seine Rolle darin? Hollywood-Stars seien zwar einsame Figuren, weil sie nicht einfach so unter die Leute gehen könnten, sagt er, aber sie könnten oft auch einiges bewirken, weil die Bekanntheit ihnen Zugang zu den Mächtigen verschaffte. Und nochmals erinnert er an seinen Vater, der einst ihm früheren Jugoslawien von einem verzweifelten US-Botschafter im Aufzug angesprochen worden sei. Er versuche schon seit sechs Monaten, Tito seine Aufwartung zu machen, bettelte der Diplomat, aber habe es nicht geschafft. Ob Kirk Douglas ihn denn nicht mit zu ihm nehmen könnte?

Zum Dank bekam Michael Douglas am Schluss einen Stammbaum überreicht, der ihn als einen Verwandten des aktuellen Bürgermeisters von Beer Shewa ausweist. Seine eigene Berühmtheit mag dazu geführt haben, dass er – der keine jüdische Mutter hat und dessen Ehefrau Catherine Zeta Jones auch nicht jüdisch ist – später am Tag noch als Zweiter den „jüdischen Nobelpreis“ der Genesis Prize Foundation in Empfang nehmen durfte. Der ist mit einer Million Dollar dotiert, belohnt den „Reichtum und die Diversität gegenwärtiger jüdischer Kultur“ und will die globale jüdische Gemeinschaft stärken. Auch das orthodoxe Establishment blieb freundlich und findet Michael Douglas – wenn auch nur ein Vaterjude – wohl einfach gut.

Bild: © Israel Sellem / picturedesk.com

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