„Ich trage ein wenig Orient in mir“

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Wenn Elisabeth Degen spricht und agiert, belebt sich der Raum. Von Manja Altenburg

Schon im zarten Alter von acht Jahren beherrscht Elisabeth Degen die Rolle des „Hamlet“ aus William Shakespeares Hamlet – mit vier Stunden Spielzeit. Die Bühne ist damals (noch) das elterliche Wohnzimmer in Berlin. Ihre zweite Lieblingsrolle ist damals „Mephisto“ in Johann Wolfgang Goethes Faust, „auch den konnte ich mit acht auswendig“. Man kann also sagen, dass sie ihre Berufung schon früh erkennt, obwohl sie zwischenzeitlich auch mal mit dem Gedanken spielt, Ärztin oder Akrobatin zu werden. Doch letztlich entscheidet sich die vielseitig begabte junge Frau für die Schauspielerei.

Elisabeth Degen kommt als jüngere Tochter der Malerin Sarah Eckel und dem Schauspieler Michael Degen in Berlin auf die Welt. „Von meinem Vater habe ich viel gelernt“, erzählt sie, doch auch sie muss ihren ganz eigenen Weg in die Schauspielerei finden. Ein bekannter Familienname trägt nicht automatisch dazu bei, dass man gleich eine internationale Filmkarriere aufgetischt bekommt. Degen emanzipiert sich von ihrem Vater. Dieser Weg findet ohne große Brüche statt, denn was bis heute überwiegt, ist ihr Gefühl großer Dankbarkeit ihm gegenüber. Sie spielt gerne mit ihm und schätzt ihn als Vorbild und Kollegen. Lachend fügt sie hinzu, dass „das keine Werbung für die eigene Firma ist“. Ihr Vater hievt sie nicht ins Boot der Schauspielerei, und oft löst ihr Nachname wie auf Knopfdruck sehr hohe Ansprüche aus. Neid anderer wegen ihres Namens ist ihr keineswegs unbekannt. Vorteile, so kann man sagen, hat sie durch ihren bekannten Vater nicht unbedingt gehabt. Degen weiß, was sie will, und beschreitet selbstbewusst ihren eigenen Weg.

„Bevor ihr mich zum Opfer macht, wehre ich mich.“

Aimée und Jaguar

Sie studiert an der Fritz-Kirchhoff-Schule in Berlin und nimmt bis 2013 an der Ausbildung „Energizing the Actor“ unter der künstlerischen Leitung von Greta Amend in Berlin teil. 1986 debütiert sie in Wolff Gremms Tödliche Liebe und spielt ein Jahr später an der Seite ihres Vaters in Orlando Lübberts Die Kolonie, im selben Jahr ist sie als „Ina“ in der Vladimir-Nabokov-Verfilmung Maschenka zu sehen. International bekannt wird Degen 1999 mit der Rolle der Jüdin „Lotte“ in Max Färberböcks Aimée und Jaguar. Die Szene ihrer Erschießung durch einen Polizisten haben bestimmt noch viele deutlich vor Augen. Doch auch vor dem Fernsehen macht Degen nicht Halt. Sie spielt u. a. in Edgar Reitz’ Heimat 3, Sylvia – Eine Klasse für sich, Edel und Starck und Im Namen des Gesetzes. 2009 genießt sie es, im Kurzfilm Kriegerstock erneut an der Seite ihres Vaters zu spielen. Degen arbeitet bis heute immer wieder am Theater, u. a. mit RegisseurInnen wie Cordula Trantow und Volker Lechtenbrink. Sie spielt an den Hamburger Kammerspielen, an den Düsseldorfer Kammerspielen und am Staatstheater Darmstadt.

Selbstbewusst jüdisch

Sie scheut nicht davor zurück, immer wieder umzuziehen, Land und Stadt zu wechseln für ihren Beruf – ihre Leidenschaft. Doch wann immer es sich ergibt, kehrt die Berlinerin gerne wieder in ihre Geburtsstadt zurück. Sie liebt Berlin und hat eine Schwäche für große Städte. Augenzwinkernd sagt sie, „darum liebe ich auch Tel Aviv, weil es ein bisschen so ist wie Berlin, nur das Wetter ist dort schöner.“ Sie liebt in Israel die Mischung von Orient und Okzident, denn, so stellt Degen fest, „auch ich trage ein wenig Orient in mir“. Ihr Judentum lebt sie bewusst, hält es aber mit der Religiosität wie „man es als Feiertagsjüdin eben mit der Religion hält“. Derzeit lebe sie es gerade wieder intensiver und selbstbewusster, da sie anlässlich der aktuellen politischen Lage in Israel immer wieder von außen darauf angesprochen wird, dass sie Jüdin ist. Unsachliche Diskussionen und versteckter Antisemitismus kosteten in der letzten Zeit eine Freundschaft. Ihre proisraelische Haltung entspringt auch daher, dass sie sich schon als Jugendliche sagte, „bevor ihr mich zum Opfer macht, wehre ich mich“.

Internationaler Durchbruch

Degen ist nicht an Stillstand interessiert, will sich weiterentwickeln und, wenn es ihre Gesundheit zulässt, bis ins hohe Alter ihren Beruf ausüben. Betrachtet man ihre Karriere, dann stehen die Chancen gut, und von Stillstand kann sowieso keine Rede sein. Derzeit ist sie in Moritz Rinkes Wir lieben und wissen nichts gemeinsam mit Helmut Zierl auf Tournee. Im Juli hatte der Film Salomea’s Nose – eine jüdische Familiengeschichte – auf dem San Francisco Jewish Film Festival Premiere. Vielleicht bringt er ihr den internationalen Durchbruch – man wünscht es ihr. Auch wenn es schade wäre, wenn Elisabeth Degen der deutschsprachigen Film- und Theater­szene abhanden käme. ◗

Elisabeth Degen wird 1971 als Tochter der Malerin Sarah Eckel und dem Schauspieler Michael Degen in Berlin geboren. Sie studiert an der Fritz-Kirchhoff-Schule in Berlin und debütiert 1986 in Wolff Gremms Tödliche Liebe. Zahlreiche Film- und Theaterrollen folgen. Derzeit tourt sie an der Seite von Helmut Zierl in der Komödie Wir lieben und wissen nichts von Moritz Rinke durch Deutschland.
elisabethdegen.de

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