Wer dieses Heft regelmäßig in der Hand hält, kennt Iris Lanchiano. Seit 2013 schreibt sie jeden Monat die Kolumne Israel Blog, in der sie über ihr Leben in Israel berichtet. Kritisch gleicht sie darin die Träume und Hoffnungen, mit denen sie in Wien aufgewachsen ist, mit der Realität ab – ein Thema, dem sie sich auch in ihrem knapp fünfzehnminütigen Kurzfilm Herzl and I widmet, der beim Jüdischen Filmfestival in Wien im Oktober gezeigt wurde. Abwechselnd zeigt sie Stellen aus Theodor Herzls Altneuland, unterlegt mit selbst animierten Papercuts, und ihre eigenen Telefonate mit Familie und Freunden in ihrer Wohnung in Tel Aviv. „Es war hart, mich mit mir selbst zu beschäftigen“, sagt die 32-Jährige. Warum? „Es ist eine Art Therapiesitzung mit dir selbst.“
Vor fünf Jahren zog Iris nach Israel. Ihr Publizistikstudium in Wien hatte sie abgeschlossen, nebenbei beim Fernsehsender ATV sowie in der WINA-Redaktion gearbeitet. Nun wollte sie raus aus Wien. Immerhin ist ihr Vater Israeli, die Liebe zu dem Land (samt „Post-Israel-Depression“ nach den Sommerurlauben) hat sie ihr Leben lang begleitet. Sie begann ein Filmregiestudium an der Tel Aviv University, im Rahmen dessen sie auch den Kurzfilm Herzl and I produzierte. Zudem arbeitete sie bei mehreren Filmfestivals, aktuell beim Israel Film Festival Los Angeles. Festivals sind für Iris eine „Herzenssache“, langfristig will sie einen längeren Film machen. Eine Schwierigkeit dabei: Iris bezeichnet sich als Perfektionistin, macht am liebsten alles selbst, von Drehbuch über Kamera bis zum Schneiden. Beim Kurzfilm war das schon jede Menge Arbeit, bei einem längeren Projekt wohl ein Ding der Unmöglichkeit.
»Es war hart, mich mit mir selbst
zu beschäftigen –
eine Art Therapiesitzung mit dir selbst.«
War es eine gute Entscheidung, nach Israel zu ziehen? Mittlerweile ist Tel Aviv ihr Lebensmittelpunkt, trotzdem sieht sie sich noch immer sehr als Wienerin in Israel. Die „latente Aggression“, dieses „der Lauteste gewinnt“, daran kann und will sie sich nicht so recht gewöhnen. Auch ihre politische Einstellung hat sich geändert, sie beurteilt die israelische Politik kritischer als früher. Durch ihr Studium an der Universität von Tel Aviv bekommt sie einen Einblick in den Alltag ihrer arabischen Studienkollegen, die in ihren Drehbüchern über diskriminierende Ereignisse am Flughafen bei Ein- und Ausreise nach Israel berichten. In Erinnerung geblieben ist ihr eine junge Frau aus einem arabischen Dorf, mit der sie gemeinsam einen Hebräisch-Sprachkurs besuchte. Die junge Frau hatte in ihrer Jugend eine Zeitlang in Deutschland gelebt und träumt davon, dorthin zurückzukehren. „Ich fühle mich wohl hier“, sagt Iris, „und ich will weg.“ Träume und Albträume liegen eben manchmal nah beieinander.