Der junge israelische Regisseur Hannan Ishay über Leben und Arbeiten in Wien im wina-Gespräch mit Angela Heide.
wina: Sie sind in Tel Aviv aufgewachsen. Welchen Bezug haben Sie heute zu dieser Stadt?
Hannan Ishay: Mein Bezug zu Tel Aviv verändert sich in unterschiedlichen Lebensabschnitten. Im Moment lebe ich eine Phase, in der mich die Stadt bei meinen Besuchen eher abstößt als anzieht. Tel Aviv ist im Grunde ein riesiges Agglomerat von kleineren Vorstädten, die sich immer in Beziehung zur „Großstadt Tel Aviv“ setzen. Man hat immer das Gefühl, nicht im Zentrum zu leben. Es scheint mir auch ein Spezifikum dieser Stadt zu sein, dass sie sich immer als Provinzstadt sieht. Irgendwie hat das Wien auch und ähnelt in dieser Hinsicht Tel Aviv sehr: Es gibt immer diesen Bezug zu den anderen Orten und Dingen und das starke Bewusstsein, dass die Welt größer ist als die eigene Stadt. Das ist auch ein Gefühl, das ich für ganz Israel erkenne, ein sehr kleines Land, in dem aber, wenn man dort aufwächst, die Orte andere Distanzen zu haben scheinen. Wenn man etwa nach Haifa fährt, sagt man: „Wow, wir fahren nach Haifa! Was für eine Fahrt! Da bereite ich mich zwei Wochen vor.“