Mit einer jungen Präsidentin und aktiven Mitgliedern gibt die Linzer Gemeinde wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich – ein Lokalaugenschein. Von Marta S. Halpert
Freitagabend in der Linzer Synagoge: Ein junger Mann im sommerlich eleganten Anzug mit weißem Käppi stimmt bei der Bima ein fröhliches Le’cha dodi an. Lebhafte Frauen- und Männerstimmen erhellen mit dem Refrain den halb dunklen Raum. Übertönt wird dieser Chor aus rund zwanzig Menschen von einem tiefen, wohlklingenden Bassbariton, der so gar nicht amateurhaft klingt. Die ausgebildete schöne Stimme gehört Ville Lignell, dem finnisch-stämmigen Israeli, der am Landestheater in Linz engagiert ist. Mit Georg Schneider, dem jungen Mann, der bald darauf auch die Kiddusch-Brachot vorsingt, wechselt er manchmal die Rollen im religiösen Ritual. Kantor und Vorbeter Gregory Mamistvalov, der für die wöchentlichen Gottesdienste aus Wien anreist, überwacht dies alles mit väterlichem Wohlwollen. Er verteilt gerne die Rollen in der Synagoge und bezieht so alle in das Geschehen ein: Der Altpräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, George Wozasek, trägt heute das Kaddisch-Gebet vor.
Bunt gemischt ist die kleine Gruppe, die sich nach dem Beten im Vorhof der Linzer Synagoge in der Bethlehemstraße 26 voneinander verabschiedet. Zu Ville Lignell gesellt sich Schauspielkollege Georg Bonn, der seit 2002 festes Ensemblemitglied am Landestheater in Linz ist. Der gebürtige Deutsche arbeitete am Berliner Ensemble u. a. mit Peter Zadek zusammen und lebt jetzt mit seiner Frau und zwei Kindern hier. Die angesehene jüdische Schriftstellerin Anna Mitgutsch, Vorstandsmitglied der IKG Linz, kommt mit ihrem Sohn Georg regelmäßig zum Kabalat Schabat. Interessierte nichtjüdische Gäste waren heute zu Besuch – auch das hat hier Tradition.