Das demonstrativ öffentlich praktizierte Du-Wort unter Spitzenpolitikern soll in diesen unruhigen Zeiten Harmonie und Nähe vermitteln. So geschehen seit Beginn der Dreier-Koalition in Österreich, und jetzt erreichte das die internationale Ebene bei einem Treffen in Wien: Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hatte den Antrittsbesuch ihres deutschen Kollegen, Johann Wadephul kurzerhand für ein Dreiertreffen mit dem israelischen Außenminister Gideon Saar genutzt. Meinl-Reisinger war sehr erfreut, dass Johann und Gideon ihrer Einladung spontan gefolgt sind. Es ist der erste Besuch der beiden Außenminister in Wien.

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger in ihrem Büro mit ihren Amtksollegen Gideon Saar aus Israel und Johann Wadephul aus Deutschland. (Fotocopyright: BMEIA/ Michael Gruber)

Dieser Gesprächsrunde kommt insofern große Bedeutung zu, als sie signalisiert, dass Israel wegen einzelner Kritiker Europa doch nicht den Rücken zukehrt, sondern sich um positive Stimmen in der EU bemüht. Als befreundete Länder, die „uneingeschränkt an der Seite Israels stehen” positionieren sich sowohl Deutschland als auch Österreich, und für diese klare Haltung bedankte sich Israels Außenminister ausdrücklich.

Der beste Beweis, dass die Gespräche mit Israel fruchtbar sind, sei die jüngste Bewegung in der israelischen Position, so die österreichische Ministerin. Sie bezog sich dabei auf Saars Ankündigung in Wien, dass es zu einer unmittelbaren Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen kommen werde: „Es wird mehr Lkws, mehr Zugänge und mehr Routen für humanitäre Einsätze geben”. Gleichzeitig hatten sich laut EU-Außenbeauftragter Kaja Kallas die Europäische Union und Israel, darauf verständigt. „Diese Maßnahmen sind bereits umgesetzt oder treten in den kommenden Tagen in Kraft“, sagte sie.

Mit diesen Schritten kann Israel nicht nur sein angekratztes Image etwas verbessern, sondern es hilft vor allem andere wichtige Themen auf der israelischen Agenda anzugehen. Und genau das tat Gideon Saar jetzt in Wien: Er bat die beiden Kollegen, gemeinsam mit anderen einflussreichen EU-Partnern mehr zu tun, damit alle verbliebenen Geisel freikommen. Des Weiteren Druck auszuüben, damit der Iran aufhört, die Houthis im Jemen zu unterstützen. Außenminister Wadephul versprach, den Iran dazu eindringlich aufzufordern, damit das Rote Meer wieder für den Welthandel sicher wird. „Das zeigt uns, dass wir mit dem Iran nicht nur darüber eine Einigung finden, sondern erneut die Entwicklung von Nuklearwaffen ansprechen müssen, sowie ihr gesamtes Verhalten in der Region auf unsere Agenda setzen.”

Auch wenn es weder Minister Saar noch die israelische Regierung gerne hören, waren sich Wadephul und Meinl-Reisinger einig, dass es „für dauerhaften Frieden und Sicherheit für Israel, auch für die Palästinenser eine Zukunft, im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ostjerusalem benötigt – aber ohne jedweden Einfluss der Hamas.”

Die drei Außenminister wollen einander künftig regelmäßig treffen, im „Wiener Trilog”, das nächste Mal in Berlin. Das Resümee dieses Treffens in Wien, dieses neuen Gesprächsformats zeigt, dass sich etwas zu bewegen beginnt, dass man sich nicht nur etwas ausrichtet, sondern auch bereit ist, gegensätzliche Positionen gelten zu lassen. Das ist für Israel wichtig, aber es bringt auch Europa wieder ins Spiel – und überlässt nicht alle Entscheidungen der USA.


Anschließend besuchte Außenminister Saar die Israelitische Kultusgemeinde Wien, wo er unter anderem Vizepräsidentin Claudia Prutscher und Vizepräsidenten Michael Galibov traf und seine Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinde in Wien und den jüdischen Gemeinden Österreichs in diesen schwierigen Zeiten bekräftigte.

 

 

 

 

 

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