Nobelpreisträger Dan Shechtman über die Gründe der zahlreichen Start-up-Erfolge und über Defizite der israelischen Wirtschaft. Interview & Foto: Reinhard Engel
WINA: Herr Professor Shechtman, wir befinden uns hier im Haus der österreichischen Industrie, vor zahlreichen Porträts einst hier erfolgreicher Unternehmensgründer. Heute gilt Israel als das Land der Start-ups. Worauf basiert diese nicht nur im Nahen Osten, sondern im globalen Vergleich äußerst erfolgreiche Entwicklung?
Dan Shechtman: Viele der besten globalen Konzerne betreiben in Israel Entwicklungsfirmen, so genannte „Development Centers“. Ich spreche da von den Intels der Welt – und zahlreichen anderen dieser Spielklasse. Aber das sind nicht nur Entwicklungszentren, das sind vielmehr echte Innovationszentren. Und diese erarbeiten neue Konzepte für die künftige IT-Technologie. Hier entwickelt man sowohl Software als auch Chips, aber meist werden die Chips nicht in Israel produziert.
Mit der Ausnahme von Intel, das ist ja, mit mehreren Fabriken, der größte industrielle Produzent des Landes.
❙ Das stimmt, Intel hat einige Fabriken in Israel, aber die meisten anderen produzieren nicht im Land. Man könnte es eine Art internen „Brain Drain“ nennen, weil so viele gute Köpfe für ausländische Unternehmen arbeiten. Das ist die schlechte Seite der Sache. Aber es gibt auch eine gute Seite: Diese vielen Tausend Frauen und Männer, die in diesen Unternehmen arbeiten, stehen ganz an der Spitze der weltweiten Technologie-Entwicklung. Sie wissen, was in fünf Jahren in der IT-Branche passieren wird. Und wenn sie eine gute Idee haben, verlassen sie ihr Unternehmen und gründen ein Start-up. Das heißt also, dass sie die Produkte der Zukunft entwickeln können.